Freitag, 17. Mai (19 Uhr): Bingo im Haus Eifgen

Protest auf der Straße

VON WOLFGANG HORN

In diesem unserem Land kann, darf man wegen jedem Scheiß demonstrieren. Das ist eine der Stärken unserer Republik. Selbst für den größten Blödsinn darf man in Deutschland mit anderen zusammen auf die Straßen gehen. Auch das ist Meinungs-, Rede- und Demonstrationsfreiheit. Die übergroße Mehrheit in unserem Land muß und mußte beispielsweise Demonstrationen von Coronaleugnern aushalten, von Impfgegnern, von Fundamentalisten jeglicher Couleur, von Lebensschützern, von Q-Anon, von Putinfreunden und so weiter, auch wenn die ausgesprochenen Unsinn zum Ausdruck brachten. Was man nicht darf, ist nötigen, Zwang ausüben, Druck, um jemanden dazu zu bringen, etwas gegen seinen Willen zu tun. Der demokratische Rechtsstaat hat Spielregeln, sehr weit gefaßte Regularien für politisches Handeln einzelner wie auch von Gruppen oder Parteien, ein ausbalanciertes System, wie die Instanzen der Republik miteinander verzahnt und wechselseitig abhängig sind. Kein Bestandteil dieses demokratischen Regelwerks ist der Versuch, mit Gewalt oder der Drohung von Gewalt eine Regierung zum Rücktritt oder auch nur zur Änderung ihres Kurses bewegen zu wollen. Die Bauern dürfen gegen die Regierung demonstrieren. Auch, wenn sie allenfalls egoistische finanzielle Motive für ihren Protest haben. Aber: Niemand muß auch ihren Protest gutheißen. Und: Das Regelwerk gilt für alle gleichermaßen. Wenn die Bauern in der kommenden Woche den Verkehr im Land lahmlegen wollen, dann dürfen sie nicht besser behandelt werden als etwa die Protagonisten der „letzten Generation“, die von der Polizei mit einfacher Gewalt daran gehindert worden sind, den Verkehr zu stören, um auf die Klimakatastrophe hinzuweisen. Dies immerhin ist kein egoistisches finanzielles Motiv. Protest muß sich im legalen demokratischen Rahmen abspielen. Nicht die lautesten oder längsten Demonstrationen, nicht Pöbelei, nicht Gewalt entscheiden am Ende, wie unser Zusammenleben gestaltet wird, sondern die erprobten Instrumente der demokratischen Gesellschaft. Es ist und bleibt vollkommen irre, einem Minister in seinem Privaturlaub aufzulauern und ihm zu drohen. Ganz unabhängig davon, wer dieser Minister ist und welche Farbe sein Parteibuch hat. Wenn das Bauernprotest sein soll, dann hat der in unserem Land nichts zu suchen. Es ist nicht nur offenbar, daß Anstand, die Regel, daß man keinen Menschen attackiert, daß man freundlich miteinander umgeht, auch wenn man nicht der gleichen Meinung ist, nachläßt, sondern auch, daß mehr und mehr das Heil in der Gorillapose gesucht wird, sich mit den Fäusten auf den Brustkorb klopfen und laut schreien, um Stärke zum demonstrieren, Macht, Kraft. Schreihalsigkeit gepaart mit Scheuklapprigkeit bewirkt gar nichts. Gut so. Ich bin gespannt auf die kommende Woche.

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

      • stefan janosi
      • 07.01.24, 17:47 Uhr

      Mit einer Demonstration hatte das nichts mehr zu tun. Das ist ein durch Hass getriebener Mob der unsere demokratischen Spielregeln nicht mehr respektiert. Juristisch ist das als Nötigung zu werten. Traurig wie sich einige Landwirte von Extremisten instrumentalisieren lassen.

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