Brief an den Landrat: Vorgehen bricht bestehende Vereinbarungen
Düsseldorf/Kreis Viersen | Gegen die gewaltsame Beendigung eines Kirchenasyls durch die Ausländerbehörde der Stadt Viersen hat die Evangelische Kirche im Rheinland scharf protestiert. „Wir sind über das Vorgehen erschüttert und protestieren gegen diesen gewaltsamen Bruch des Kirchenasyls“, schreibt Oberkirchenrätin Dr. Wiebke Janssen, Leiterin der Abteilung Theologie und Ökumene, in einem Protestbrief an den zuständigen Landrat Dr. Andreas Coenen.
Das kurdische Ehepaar (43 und 34 Jahre alt) wurde am frühen Morgen des vergangenen Montags, 10. Juli 2023, von Beamtinnen der Ausländerbehörde Viersen im Rahmen einer unangekündigten Hausdurchsuchung in Räumen der Evangelischen Kirchengemeinde Lobberich/Hinsbeck festgenommen. Der anschließende Versuch der Abschiebung vom Flughafen Düsseldorf wurde von der Bundespolizei abgebrochen. Das Paar befindet sich nun in der Abschiebehaftanstalt Darmstadt. Die beiden waren 2021 aus dem Irak geflohen und seit Ende Mai 2023 im Kirchenasyl.
Das Vorgehen ignoriert bestehende Vereinbarungen zum Kirchenasyl
Es gehe ihr nicht um die Beurteilung des komplexen juristischen Sachverhaltes, so Wiebke Janssen, die hauptamtliches Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland ist. Aber: „Die Art und Weise des Vorgehens der Ausländerbehörde ignoriert alle Vereinbarungen zwischen der Evangelischen Kirche und dem Land NRW im Zusammenhang mit Kirchenasylen“, schreibt die Oberkirchenrätin der für die städtische Ausländerbehörde zuständigen Bürgermeisterin Sabine Anemüller. Vor dem unangekündigten Bruch des Kirchenasyls durch die Ausländerbehörde Viersen habe es keinerlei diesbezügliche Kommunikation oder Versuche seitens der Behörde gegeben, eine andere Lösung für die Situation dieses Kirchenasyls zumindest zu sondieren. „Genau das ist in konflikthaften Situationen aber bewährte Praxis und mit dem Land NRW so vereinbart“, unterstreicht Janssen.
Kirchenasyl nach reiflicher Prüfung gewährt
Kirchengemeinden gewährten Schutzsuchenden Kirchenasyl nach reiflicher Prüfung des Sachverhalts. Auch im vorliegenden Fall gebe es gewichtige Gründe, die die Kirchengemeinde bewogen hätten, dem Ehepaar Kirchenasyl zu gewähren, so Oberkirchenrätin Janssen. „Bei allen unterschiedlichen Einschätzungen von Kirchenasylen erwarten wir von den Behörden das Einhalten der vereinbarten Kommunikationswege. Diese bisherige Verlässlichkeit haben wir positiv als Ausdruck des Respekts gegenüber den Schutzsuchenden, den kirchenasylgewährenden Gemeinden und der Praxis des Kirchenasyls erfahren. Auf verlässliche Kommunikation zu setzen, ist der Tenor aller Verabredungen zum Kirchenasyl auf Bundesebene mit dem Bundesministerium des Inneren und dem BAMF sowie auf Landesebene mit der Landesregierung.“ Die Einhaltung der bewährten Verabredungen haben die Fachleute der rheinischen Kirche auch gegenüber dem nordrhein-westfälischen Innenministerium angemahnt. Den Landrat des Kreises Viersen fordert Janssen auf: „Ich bitte Sie, bei Ihrer Ausländerbehörde darauf zu drängen, zu einer vertrauensvolleren Zusammenarbeit zurückzukehren.“
Stichwort: Kirchenasyl Wenn trotz Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten die Abschiebung eines Flüchtlings bevorsteht, die ihn womöglich der Gefahr für Leib und Leben aussetzt, fordert christlicher Glaube zum Beistand auf. Kirche versteht das Kirchenasyl auch im Sinne der Wahrung der Menschenrechte als ein legitimes Mittel, dem Schutzauftrag der Kirche gerecht zu werden. Asylgewährende Gemeinden leisten ihren Beistand in der Regel öffentlich und immer gewaltfrei. Sie beanspruchen keinen rechtsfreien Raum.