Gut vorbereitet in die Fahrrad-Saison

VON JOACHIM ZAPPE

Der ältere Herr, der da hilflos vor Marienheide mit seinem Pedelec am Rande der Radtrasse steht, ist ziemlich verzweifelt. Seine Scheibenbremse ist verklemmt und blockiert jede Weiterfahrt. Ein dynamischer Mitdreißiger, er kommt aus Wermelskirchen – schiebt – not amused – sein Mountainbike Richtung Heimat. Ein langer Weg, denn er ist oberhalb von Hückeswagen weit weg von der Trasse unterwegs. Die benachrichtigte Ehefrau ist als Nothelfer bereits per Auto unterwegs.  Eigentlich ein leichter Pannen-Fall, denn lediglich das Ventil ist defekt. Nutzt leider nichts, wenn man weder ein Ersatzventil, einen Ersatzschlauch, noch eine Luftpumpe dabei hat. Beiden Havaristen konnte natürlich vom Verfasser dieser Zeilen geholfen werden. Es ist doch selbstverständlich, anderen aus der Patsche zu helfen.

„Gelbe Engel“ vom ADFC?

Allerdings: die Fälle häufen sich. Der Fahrrad- und vor allem der E-Bike-Boom, der durch den Lockdown noch einmal an Dynamik gewonnen hat,  bringt Jung und Alt auf technisch immer kompliziertere Sportgeräte. Viele jüngere Radfahrer haben zudem noch nie einen Reifen geflickt oder ein Laufrad ausgebaut. Bei den Senioren ist es – wenn überhaupt – Jahre oder Jahrzehnte her. Man bräuchte einfach die „gelben Engel“ des ADAC, die nicht nur auf den Autobahnen, sondern auch auf viel befahrenen Radwegen patrouillieren. Diese Idee sollte man unbedingt als Vorschlag an Sabine Kox-Kremer vom ADFC weitergeben… Spaß beiseite, falls dieser gute Vorschlag wider Erwarten nicht umgesetzt wird, ist es wichtig, selbst gut vorbereitet in die kommende Radsaison zu starten. Dazu gehört ein ausgiebiger allgemeiner Technik-Check und auf jeden Fall die Mitnahme von wichtigen Werkzeugen und Utensilien. Auf die Hilfe des Rad-Shops oder deren Fahrradwerkstätten wird man allerdings in diesen Tagen kaum zählen können, denn dort muss man auf absehbare Zeit mit wochenlangen Wartezeiten rechnen.

Rad-Checkliste nach dem Winterschlaf.

Einige Tipps für geplante oder spontane Touren des normalen Freizeitradlers und eventuelle Pannen sind hier einmal ohne Anspruch auf Vollständigkeit zusammengestellt.

Nach einer ausgiebigen Säuberung (!) werden alle Bauteile auf sichtbare Beschädigungen wie Risse, Dellen und Festigkeit der Teile überprüft. Die Prüfung des festen Sitzes von Schrauben oder Schnellspannern ist unerlässlich. Reifen werden auf Verschleiß, Risse, Beschädigungen und ausreichenden Luftdruck geprüft und aufgepumpt. Der vorgegebene Luftdruck in bar oder psi ist meist auf den Flanken der Reifen zu sehen. Falls nicht, sind 3.5 bis 4,0 bar in der Regel ausreichend. Mit wenigen Metern Testfahrt sollte man schnell die Bremsen, die Schaltfähigkeit und die Beleuchtung testen. Auch wird man Tretlager-Probleme, Höhen- oder Seitenschläge oder das Klappern von Teilen feststellen. Wichtig natürlich die Fahrradkette. Diese sollte sauber und ausreichend gespannt sein. Die Versorgung mit Kettenöl ist lebenswichtig. Werden Mängel festgestellt, die man nicht sicher selber beheben kann, sollte man die Fachwerkstatt einschalten oder einen Fachmann zu Rate ziehen. Spezialschaltungen oder E-Bike-Teile sind in der Regel den Werkstätten vorbehalten. Für technisch versierte Menschen sei auch hier YouTube empfohlen. Für noch so exotische Radprobleme gibt es hier die passenden Filmchen.

Luft kommt aus der kleinsten oder größten Pumpe. Im Vordergrund in rot der über 40 Jahre alte SKS-Klassiker “Rennkompresor” als Standpumpe. Dahinter kleine handliche Minipumpen mit oder ohne CO2, die man bequem transportieren kann. Oben links ein Booster, mit dem man stoßweise großen Druck in den (schlauchlosen) Reifen bringen kann.

Für den Fall der Fälle: Was geht mit auf Tour?

Immer dabei sein sollte eine Luftpumpe (für das entsprechende Ventilsystem!), ein Ersatzschlauch, Ersatzventil, Reifenheber, Flickzeug oder selbstklebende Flicken, Isolierband sowie handliches Universalwerkzeug. Neben dem traditionellen „Knochen“ gibt es heute pfiffige Multitools mit allen möglichen Funktionen. Hilfreich sind  Lüsterklemmen (für gerissene Züge), Ersatzzüge oder Kettenschlösser (hilft auch ohne Werkzeug bei gerissenen Ketten), Kabelbinder (für gelöste Teile). Damit die Sonntagskluft bei einer Pannenaktion nicht verdreckt, helfen einfache Einmalhandschuhe. Handliche Erste-Hilfe-Taschen für Radfahrer komplettieren die Notausrüstung. Nicht vergessen: ohne Klingel wird die gepflegte Trassenfahrt auf keinen Fall Spaß machen.

Das könnte unterwegs helfen: Flickzeug oder selbstklebende Flicken, Reifenheber, Ersatzventile, Kettenschlösser, Lüsterklemmen und Kabelbinder benötigen nicht viel Platz. Ohne Universalschlüssel oder Multitool sieht es bei Pannen schlecht aus Am meisten Platz in der Satteltasche benötigt der Ersatzschlauch.

Praxis-Tipp:  ein Schlauchwechsel am Hinterrad ist mit einem „Gaadi“-Zweienden-Schlauch auch ohne komplizierten Radausbau möglich. Nachdem der defekte Schlauch aus dem Rad entfernt wurde, kann der Spezialschlauch, der zwei Enden besitzt, im  Radmantel zusammen geführt werden. Falls man das Ventil herausnehmen kann (Presta/Dunlop) kann es hilfreich sein, 10 bis 20 ml Dichtmilch in den Schlauch zu füllen. Durchstiche werden günstigstenfalls automatisch von innen abgedichtet.

Ohne Radausbau ist der Schlauchaustausch möglich: Peter Kirchertz von der Fahrradwerkstatt Wermelskirchen zeigt die Handhandhabung des “Gaadi”-Schlauchs

In eigener Sache: Im Team der Fahrradwerkstatt der Initiative „Willkommen in Wermelskirchen“ wurde vor der Corona-Zeit darüber nachgedacht, Workshops zur Pflege und Alltags-Wartung von Fahrrädern für Interessierte zu organisieren. Der Gedanke wird sicherlich irgendwann mal in der Nach-Pandemiezeit wieder aufgegriffen. Der Bedarf ist sicherlich da.

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

  1. Vielen Dank im Namen aller Radfahrenden für die wertvollen Tipps!
    In der Tat ist seit einigen Jahren bereits eine Pannenhilfe im Basispaket der ADFC-Mitgliedschaft enthalten (gegen Aufpreis kann ein PannenhilfePLUS-Zusatzpaket abgeschlossen werden). Das Basis-Pannenhilfe beinhaltet für ADFC-Mitglieder eine 24-Stunden-Hotline, die weiterhilft und/oder Hilfe organisiert. Die Hotline gibt Adressen nächstgelegener Werkstätten oder – falls bei einer Mehrtagestour eine Weiterfahrt nicht möglich sein sollte – Adressen von Bett+Bike Gastbetrieben weiter. Existiert eine mobile Pannenhilfe in der Nähe, organisiert die Hotline diese. Der Pannenhelfer versucht dann, das Fahrrad vor Ort zu reparieren. Ist das Rad so schwer beschädigt, dass es der Pannenhelfer vor Ort nicht reparieren kann, wird es zur nächsten Fahrradwerkstatt bzw. nach Hause transportiert. Alle Infos unter http://www.adfc.de/pannenhilfe

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    • Axel
    • 04.03.21, 22:48 Uhr

    Gibt es auch vom Autoclub ACE
    Fahrrad- / E-Bike-Schutzbrief

    Pannenhilfe für alle Fahrräder, E-Bikes oder Pedelecs der Familie.
    Gültig in ganz Europa und den Mittelmeer-Anrainerstaaten.
    Abschleppdienst, wenn eine schnelle Reparatur nicht möglich ist.
    Fahrrad-Rücktransport
    weiteres unter
    http://www.ace.de

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