Volksfront

VON WOLFGANG HORN

Volksfront. Ein Wort, das in der kommunalpolitischen Debatte in Wermelskirchen eigentlich nichts zu suchen hat. Und das auch kaum jemand noch kennt und mit Inhalt füllen kann, sieht man einmal von der “Volksfront von Judäa” aus dem Film “Das Leben des Brian” ab. Volksfront, das sind in der Politikwissenschaft die sogenannten Volksfrontbündnisse der Kommunistischen Parteien mit anderen Parteien und Organisationen im Europa der Zwischenkriegszeit in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Nicht so seit Neuestem in Wermelskirchen. In seinem jüngsten verbalen Rundumschlag bezeichnet Henning Rehse auf der Website der WNK UWG die Zählgemeinschaft von CDU, SPD, Grüne, FDP und Büfo zur Besetzung der Ausschüsse im hiesigen Stadtrat als „Volksfront des Berliner-Blockflöten-Ensemble mit Wermelskirchener Lokalkolorit“. Argumente scheinen in der WNK mittlerweile als heillos überschätzt gewertet zu werden. Das Herumfuchteln mit pejorativ konnotierten Begriffen, mit Worten, die als negativ gelten, die Unangenehmes enthalten, soll genügen, soll Argumentation ersetzen, Stimmung machen, erschrecken. Und, natürlich: beleidigen, schmähen. Politik aus dem Sandkasten. Wenn Ihr mich nicht mehr mitspielen lasst, dann werfe ich eben mit Dreck.

Soweit ist es gekommen mit der einst jedenfalls hin und wieder ernst zu nehmenden Abspaltung der CDU unter der Knute ihres Vordenkers. Der Rehsesche Artikel wird zudem optisch garniert mit einem Bild aus dem Jahr 1949 von der Gründung der DDR. Wenn Wut und Enttäuschung Kopf und Bauch krank machen, bleibt offenbar nur die Denunziation. Überdies: Die Nationale Front, von der auf dem historischen Foto die Rede ist, hat mit einer Volksfront im klassischen Sinne eines linken Parteien-Bündnisses nicht viel gemein. Einerlei. Das müssen Chemiker oder Lehrer für Chemie auch nicht wissen.

Nun will die klein gewordene Fraktion der Rechtsausleger im Rat Front gegen die „Volksfront des Berliner-Blockflöten-Ensemble mit Wermelskirchener Lokalkolorit“ machen, “einen hübschen Strauß parlamentarischer und außerparlamentarischer Aktionen, Optionen und Überraschungen” binden. Wir lassen uns überraschen. Aber wir bleiben skeptisch, ob dieser Wahlverein noch einmal den Weg zurück zu angemessener Politik findet oder weiterhin in seiner Grünen-Paranoia badet.

“Es ist ureigenes Recht der demokratischen Gruppierungen, autonom zu entscheiden, mit welchen anderen Gruppierungen Kooperationen in welcher Hinsicht auch immer eingegangen werden.” Jawohl. Nach diesem ersten Satz aus dem Rehseschen Pamphlet hätte keine Schmähung und keine Denunziation folgen dürfen. Wenn es ein “ureigenes Recht” ist, autonom zu entscheiden, mit wem Zusammenarbeit möglich ist oder nicht, und wenn dieses ureigene Recht für alle Parteien im Rat gilt, dann wäre nur gründliches Nachdenken über die eigene Politik der WNK die einzig angemessene Reaktion gewesen. Warum sind wir nicht in der Zählgemeinschaft und was hält die Gemeinschaft der fünf Parteien zusammen?

Und schließlich: Wenn kein einziges Argument gegen die Grünen genannt wird, sondern lediglich vom “schädlichen und abwegigen Ansinnen der Grünen” die Rede ist, hat nicht nur der politische Verstand gelitten, sondern auch die Fähigkeit, verständlich zu formulieren.

Kommentare (3) Schreibe einen Kommentar

    • Hans-Jürgen Klein
    • 31.10.20, 13:06 Uhr

    Besser kann man es nicht analysieren.

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    • Jürgen Scherkenbeck
    • 31.10.20, 16:00 Uhr

    Mit diesen neuerlichen Ausfällen hat Herr Rehse noch einmal nachdrücklich die Zählgemeinschaft der demokratischen Parteien in Wermelskirchen legitimiert!

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    • Stefan Janosi
    • 31.10.20, 16:26 Uhr

    Die “größte Oppositionspartei“ hat grade mal etwas über 5% der Wähler überzeugen können. Es wundert also nicht, dass auf Grund dieses Desasters besagter Kommunalpolitiker, frustriert von einer selbstverschuldeten Wahlniederlage, mit seiner zunehmenden Bedeutungslosigkeit zu kämpfen hat. Statt einem politischen Konzept setzt er auf Fake Behauptungen und versucht weiterhin verzweifelt durch Pöbeleien Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
    Glücklicherweise steht dem gegenüber die große Mehrheit aller im Rat vertretenen Fraktionen. CDU/SPD/Grüne/FDP und Büfo haben ein Signal für ein konstruktives Miteinander in schwierigen Zeiten gesetzt. Die Bürger wünschen sich das in der Kommunalpolitik gemeinsam an Lösungen gearbeitet wird, statt anderen vor das Schienbein zu treten.

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