KirchenKino: Styx, ein Film mit Wucht. ­Eine Nachlese

VON WOLFGANG HORN

Styx, nach der griechischen Mythologie der Fluß in der Unterwelt, der das Reich der Lebenden von dem der Toten trennt, dem Hades. Styx ist gleichsam die Nahtstelle von Leben und Tod. Insoweit ist Styx als Name, als Titel für das Seenotdrama gut gewählt, das annähernd 90 Besuchern des KirchenKinos vorgestern Abend im hiesigen Kult-Kino Film-Eck geboten wurde. Tag für Tag überschreiten immer noch Menschen aus Afrika, die vor Not und Unterdrückung, Folter oder Krieg ihre Heimat verlassen, auf ihrem beschwerlichen Weg nach Europa diese Grenze und lassen im Mittelmeer ihr Leben.

Der vielfach preisgekrönte Spielfilm Styx von Wolfgang Fischer mit der überzeugenden Susanne Wolff in der Hauptrolle zeigt in teils drastischen Bildern und mit nur wenigen und kargen Worten, wie nahe Tod und Leben beieinander sind bei der gefahrvollen Überquerung des Meeres auf dem Weg nach Europa. Und: Wie wenig man richtig machen kann, wenn man helfen will, hilft.

Styx ist ein Gleichnis, eine Parabel. Der Zuschauer, in die Haut der Protagonistin geschlüpft, findet sich unversehens in der Rolle Europas wieder. Können wir einigen Menschen helfen? Können wir alle retten? Können wir nur wenigen beistehen? Wen lassen wir untergehen?

So oder so: Wir laden Schuld auf uns, wir, Europa, Deutschland. Entsprechend auch die Reaktion des Publikums. Nach dem Ende des Films verließ ein kleinerer Teil des Publikums den Saal. Die große Mehrheit blieb. In Erwartung eines Gesprächs. Schweigend. Betreten. Mitgenommen. Einige wenige Statements wurden geäußert, ein munter-lockeres Gespräch kam indes nach dem wuchtigen Film nicht mehr zustande.

Ach ja, ein Nachtrag noch. Gestern haben alle EU-Abgeordneten von der CDU/CSU im Europaparlament gegen eine Resolution zur Beendigung des Sterbens im Mittelmeer gestimmt und damit Hand in Hand mit Rechtspopulisten und Rechtsextremen einen Aufruf an die Regierenden verhindert, Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Eine wahrhaft unheilige Allianz.

Beitragsfoto: Fahrt über den Styx, Radierung von Gustave Doré, 1861

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