„Ich habe Menschen getroffen, die Menschen sind.“

Fast bis auf den letzten Platz gefüllt war das Film-Eck gestern Abend. Selbst die Emporenplätze waren besetzt. Massenandrang beim Kirchenkino. „Die Unsichtbaren“ wurde gegeben, einer der „besten deutschen Filme des Jahres“, wie es in der Vorankündigung hieß.

Die Geschichte ist schnell erzählt. Während Goebbels lauthals erklärt, Berlin sei „judenfrei“, alle Juden seien deportiert worden im Berlin des Jahres 1943, sind 7.000 Berliner untergetaucht, „unsichtbar“ geworden. Ohne Paß oder Papiere, ohne Wohnung, ohne Essensmarken, ohne Geld, ohne Arbeit. Junge Erwachsene, Jugendliche. Nur die Hilfe weniger Deutscher hat 1500 von ihnen überleben lassen. Die Hilfe einfacher Menschen, die mitunter selber nicht viel hatten, die Hilfe von Widerständlern, von Kommunisten, von Sozialdemokraten, von unpolitischen Bürgern, selbst von Menschen aus dem Apparat oder der Wehrmacht. Nur die Unterstützung anständiger Menschen hat diese Menschen jüdischen Glaubens vor der Deportation und der Vernichtung in den Lagern gerettet.

Eindringliche Interviews wechseln mit ebenso eindringlichen Spielszenen, alles unterschnitten mit altem Wochenschau-Filmmaterial aus der Zeit. Eine akribische, eine eindrucksvolle Arbeit, ein Film, den man so schnell nicht vergessen wird.

Hanni Lévy, berichtet, wie drei andere „Unsichtbare“, in einem langen Interview von dieser Zeit, berichtet, wie sie zu „Hannelore Winkler“ wurde, das Haar blond gefärbt. „Ich habe Menschen getroffen, die Menschen sind.“ Sie hat, sie haben die Menschlichkeit gefunden inmitten eines unmenschlichen Systems, einer unmenschlichen Umgebung.

„Die Unsichtbaren“ ist ein Hohelied auf die Kraft der Menschlichkeit, eine Hymne auf das Gute im Menschen. Wenn Du einen Menschen gerettet hast, dann hast Du die ganze Menschheit gerettet. „Die Unsichtbaren“ ist die Filmwerdung dieses bekannten Satzes eines Rabbi. Die Frau, die dem untergetauchten jüdischen Jungen im Bus Zigaretten zusteckt, nachdem der Schaffner ihn mies behandelt hat, abschätzig, beleidigend, rassistisch, ist eine Unbekannte, eine Namenlose, eine Deutsche, die sich die Menschlichkeit nicht hat nehmen lassen.

Von Helene Jakobs, einer Berliner Retterin, wird berichtet, daß sie auf die Frage, warum sie das gemacht habe, warum sie Juden gerettet habe, geantwortet habe, daß sie ihr Vaterland retten wollte. Das Vaterland und seine Menschlichkeit retten vor der Gewalt und dem Rassismus, vor der Fremdenfeindlichkeit und dem Judenhaß, vor Krieg und der völkischen Irre – das muß uns auch heute noch Ansporn sein.

„Die Unsichtbaren“ ist von Freitag bis Montag noch im Film-Eck zu sehen, jeweils um 20 Uhr, samstags und sonntags zusätzlich auch um 17:15 Uhr. Unbedingt sehenswert.

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • Marga Ottersbach-Hilger
    • 30.11.17, 10:48 Uhr

    Das bewegt mich sehr. Selbst in meinem derzeitigen Lebensalltag entspricht das meinem Lebensbild: achtsam, nicht überstülpen (besser wissen), den anderen begleiten, ein Stück Lebenszeit zu teilen, miteinander u von einander zu lernen, den anderen zu lieben u dadurch auch mit mir achtsam u liebevoll umzugehen, meinen Nächsten lieben wie mich selbst.
    Das ist für mich Menschenliebe u Selbstliebe!

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