Verbraucherzentrale NRW erklärt, wann Urlauber:innen von gebuchten Reisen zurücktreten können
Die aktuelle Hitzewelle sorgt derzeit in den südlichen Teilen Europas, aber auch in der Schweiz, für verheerende Waldbrände. Wochenlange Trockenheit und starke Winde bewirken eine schnelle Ausbreitung der Feuer und erschweren zudem die Löscharbeiten. Zahlreiche Urlauber:innen werden während ihres Aufenthalts von den Bränden überrascht und müssen teilweise evakuiert werden. Viele Menschen fragen sich daher, ob sie ihre geplante Reise in betroffene Regionen überhaupt antreten wollen. „Bei akuter Gefahrenlage durch Waldbrände am Urlaubsort können Pauschalreisende meist ohne Probleme vom Vertrag zurücktreten oder die Reise vorzeitig abbrechen“, erklärt Iwona Husemann, Reiserechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale NRW. „In jedem Fall sollte zuerst der Reiseveranstalter kontaktiert werden, um die bestehenden Möglich-keiten zu besprechen.” Was Urlaubswillige und Reisende jetzt wissen sollten.
• Rücktritt von einer Pauschalreise
Haben Reisende eine Pauschalreise gebucht, können sie vor Reisebeginn kostenlos vom Vertrag zurücktreten, wenn unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Reise erheblich beeinträchtigen. Solche Umstände liegen bei Ereignissen vor, die weder Reisende noch Reiseveranstalter durch Vorkehrungen kontrollieren oder vermeiden können. Dazu zählen neben Naturkatastrophen auch politische Unruhen oder der Ausbruch einer gefährlichen Krankheit. Außergewöhnliche Wetterlagen wie extreme Hitze zählen hingegen nicht dazu.
• Abbruch der Pauschalreise
Geraten Reisende während ihres Aufenthalts vor Ort in eine Krisensituation und wird dadurch die Reise erheblich beeinträchtigt, können sie den Pauschalreisevertrag kündigen und für die nicht genutzten Reiseleistungen eine Erstattung verlangen. Für die genutzten Reiseleistungen behält der Veranstalter seinen Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Umfasst der Reisevertrag auch die An- und Abreise, so muss der Reiseveranstalter bei einer Kündigung des Vertrags unverzüglich die Rückbeförderung der Reisenden organisieren. Die eventuellen Mehrkosten für die Rückbeförderung gehen dabei zulasten des Reiseveranstalters.
• Fortsetzung der Pauschalreise
Wer seinen Urlaub nicht abbricht und im Krisengebiet bleibt, kann eventuell den Reisepreis mindern. Dies ist vom Einzelfall abhängig und etwa dann möglich, wenn einzelne Reiseleistungen wie Transport, Verpflegung, Unterkunft oder Ausflüge nicht mehr dem gebuchten Standard entsprechen oder sogar ganz ausfallen. Wichtig: Verbraucher:innen sollten dem Reiseveranstalter die außergewöhnlichen Umstände nachweislich und unverzüglich als Reisemangel anzeigen. Insgesamt ist zu empfehlen, sich mit dem Reiseveranstalter in Verbindung zu setzen und die aktuelle Lage und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten zu besprechen.
• Rundreisen
Auch eine als Pauschalreise gebuchte Rundreise kann im Einzelfall kostenlos storniert werden, wenn wichtige oder besondere Reisebestandteile nicht durchgeführt beziehungsweise entscheidende Reiseziele nicht angefahren werden können. Fällt nur ein kleiner Teil des Programms aus, ist dies höchstens ein Reisemangel, für den Reisende den Reisepreis mindern können.
• Nachteile bei Buchung von Einzelleistungen
Wer Reiseleistungen wie Flug oder Unterkunft einzeln gebucht hat, ist nicht zahlungspflichtig, wenn sich die Buchung nach deutschem Recht richtet und die Leistungen nicht erbracht werden können. Solange eine individuell gebuchte Unterkunft jedoch zugänglich und ohne Gesundheitsgefahr bewohnbar ist, sind Reisende auf die Kulanz des Anbieters angewiesen und müssen mit einem Stornoentgelt rechnen, wenn sie von der Reise absehen möchten. Bei Unterkünften, die direkt bei Eigentümer:innen im Ausland gebucht wurden, gilt das Recht des Landes, in dem die Unterkunft liegt. Wird ein Flug annulliert, haben Fluggäste nach europäischem Recht die Wahl zwischen Erstattung des Flugpreises und einem Ersatzflug zum nächstmöglichen oder späteren Zeitpunkt.
• Reiserücktrittsversicherung
Eine Reiserücktritts- oder -abbruchversicherung nützt bei derartigen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen nichts, da ein solches Geschehen nicht als Rücktritts- bzw. Abbruchgrund vereinbart ist und sie daher in der Regel nicht einspringt. Sie sichert zum Beispiel das Risiko des Reisenden ab, vor oder während der Reise zu erkranken. Sie zahlt aber auch bei anderen Umständen, wenn zum Beispiel ein erheblicher Schaden am Eigentum des Versicherten entsteht oder wenn ein naher Angehöriger stirbt.
Weiterführende Infos und Links:
Die Verbraucherzentrale NRW stellt Betroffenen Musterbriefe zur Kündigung einer Reise wegen unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstände vor und nach Reiseantritt zur Verfügung unter: www.verbraucherzentrale.nrw/node/10380