Sparte Bilderbuch / Buchtipps III – Nominierungen der Kritikerjury
VON MARIE-LOUISE LICHTENBERG
Edward van de Vendel (Text) • Marije Tolman (Ill.) • Der kleine Fuchs • Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf •Gerstenberg • ISBN 978-3-8369-6044-1 • 14,00 € (D), 14,40 € (A) • Ab 6 Jahren
Voller Übermut saust ein kleiner Fuchs in einer weiten Dünenlandschaft herum und jagt Schmetterlingen hinterher, bis er plötzlich weit durch die Luft fliegt und mit einem heftigen Schlag auf dem Strand aufprallt. Reglos liegt er auf dem Rücken und beginnt, von den Stationen seines Lebens zu träumen. Von seiner Kindheit, wie er mit den Geschwistern gespielt und neugierig die Welt entdeckt hat. Er erinnert sich, wie einmal sein Kopf in einem Menschenobjekt feststeckte und ihn ein Kind daraus befreit hat. Dieser Junge findet ihn jetzt und trägt ihn zu seiner Fuchsfamilie zurück – zum Glück scheint alles wieder gut zu sein.
Selten sind in einem Bilderbuch die Facetten zwischen realem Erleben und Phantasieren so vielschichtig eingefangen worden, feiern Text und Illustration die Schönheit und die Zerbrechlichkeit des Lebens. Edward van de Vendels Text changiert in der zarten Übersetzung von Rolf Erdorf zwischen vergnüglichen Episoden aus dem Fuchsleben und philosophisch-poetischen Innensichten. Marije Tolman lässt den orangeleuchtenden Fuchs in einer superrealen bläulichen Dünenlandschaft herumtollen, während Szenen aus der Kindheit in warmen Farben eher naturalistisch anmuten.
Alexandra Helmig (Text) • Stefanie Harjes (Ill.) • Der Stein und das Meer • Mixtvision • ISBN 978-3-95854-151-1 • 18,00 € (D), 18,50 € (A) • Ab 7 Jahren
Alexandra Helmig erzählt von einem kleinen grünen Stein auf einem Fels im Meer, nicht weit vom Ufer entfernt. Seit Jahrtausenden liegt er dort und beobachtet, was um ihn herum geschieht. Doch mit der Zeit wächst die Neugier, den Platz zu verlassen und selbst ins Meer einzutauchen. Der nächste große Sturm schwemmt ihn mit. Und wer dieses Bilderbuch betrachtet, darf ihn begleiten bis zum erstaunlichen Ende der poetischen Geschichte, in der ein Kind letztlich die entscheidende Wendung herbeiführt.
Zwischen den Zeilen werden bedeutsame, nahezu philosophische Fragen aufgeworfen und Gedanken angeregt, die weit über die Handlung dieser kleinen Erzählung hinausweisen.
Die Bilder von Stefanie Harjes inspirieren diese Gedankenreise, indem sie durch ihre surrealen Elemente in den Zeichnungen, Collagen und Scherenschnitten das Realitätsenthobene, Wirklichkeitsentrückte hervorheben und eine eigene Wahrheit miterzählen. Diese Geschichte scheint nicht von dieser Welt zu sein. Aber in den grotesken kleinen Figuren spielt sie mit Bekanntem und Vertrautem. Das macht dieses Bilderbuch so reizvoll und wird die Lust am Fabulieren und Philosophieren wachhalten.
Die Texte wurden von der Kritikerjury erstellt.