VON WOLFGANG HORN
Hinterfragen ist, wie eine Auskunft im weltweiten Netz mitteilt, ein schwaches Verb und bedeutet soviel wie nach den Hintergründen von etwas fragen, den Voraussetzungen oder Grundlagen. Konnotativ schwingt etwas Freundlicheres mit beim Hinterfragen als beim „in Frage stellen“, das eher und direkter Ablehnung signalisiert. Marion Lück, Bürgermeisterkandidatin von Bürgerforum und CDU, so ist heute in der Lokalpresse zu lesen, hinterfragt die Wermelskirchener Sekundarschule. Die Redakteurin, Anja Carolin Siebel, übersetzt das Hinterfragen sogleich mit einer kompletten Frage der konservativen Bürgermeisterkandidatin, nämlich, ob die Sekundarschule noch zeitgemäß sei. Eine Schule, die noch aufgebaut wird, die ihren geplanten Ausbaustand noch nicht erreicht hat und ihr endgültiges Domizil noch nicht bewohnt, die wird in Frage gestellt? Kann und darf Wahlkampf wirklich bedeuten, im Alleingang alles umzustürzen, was der Rat und die Ausschüsse in jahrelanger und mühsamer Debatte errichtet haben? Wenn ich mich recht erinnere, ist die Sekundarschule doch die Schulform, die den jahrelangen Schulkrieg im Land befrieden sollte. Die CDU, die eher konservative Seite, erhält eine Bestandsgarantie für das gegliederte Schulwesen, die Sekundarschule soll eher den gemeinsamen Unterricht aller Kinder jedenfalls in der Sekundarstufe I ermöglichen, wobei die Sekundsarstufe II mit dem Abschluß des Abiturs dann im Gymnasium absolviert werden kann. Die Sekundarschule ist damit keine vollwertige und selbständige Gesamtschule, aber eine Schule, die zum Teil pädagogische und didaktische Überlegungen aus der Gesamtschulidee umsetzt. In Wermelskirchen hat vor allem der „Niedergang“ der Hauptschule infolge mangelnder Anmeldezahlen das Modell der Sekundarschule beflügelt, und hernach auch die Stilllegung der Realschule. Der Wegfall von Hauptschule und Realschule schwächt auch die Position der Befürworter des gegliederten Schulsystems. In Wermelskirchen bedeutet Schulfrieden heutzutage, daß neben dem Gymnasium die Sekundarschule besteht, die die Aufgaben der Haupt- und der Realschule übernimmt. Und für den Übergang zum Abitur kooperieren Sekundarschule und Gymnasium miteinander. Und das hinterfragen wir jetzt einfach einmal so? Ich mag es nicht glauben. Denken wir einen Schritt weiter: Wer jetzt eine Gesamtschule in Wermelskirchen fordert, stellt in Wahrheit das Gymnasium in Frage. Denn die Anmelde- und Einwohnerzahlen geben ein Nebeneinander dieser beiden Schulen in der Sekundarstufe II nicht her. Also: Cui Bono? Wem nutzt dieser Vorschlag? Dem Gymnasium nicht, der Sekundarschule nicht. Und nun? Sinkende Anmeldezahlen in beiden weiterführenden Schulen in Wermelskirchen, Gymnasium und Sekundaraschule, bekämpft man nicht, indem man die Schullandschaft in Frage stellt und mithin Unruhe bei auch durch Corona unsicherer gewordenen Eltern schafft. Ich bin dafür, beide Schulen erst einmal in ruhiges Fahrwasser zu bringen und dann gemeinsam und behutsam mit den Schulleitungen und den Ämtern in der Verwaltung zu beraten. Ohne öffentliches Getöse.