Die am 10. Juni 2016 vom Düsseldorfer Landtag beschlossene 2,5-Prozenthürde sei verfassungswidrig, entschied das höchste NRW-Gericht am heutigen Dienstag in Münster. Gegen die Sperrklausel hatten acht kleine Parteien geltend gemacht, dass durch die 2,5-Prozenthürde das Recht auf Gleichheit der Wahl und ihre Chancengleichheit verletzt würden.
Bis zum Jahr 1999 galt in NRW eine Sperrklausel bei Kommunalwahlen. Damals lag sie bei 5 Prozent. Der Verfassungsgerichtshof erklärte die Sperrklausel später für ungültig.
Auf Initiative des SPD-Landtagsfraktionsvorsitzenden Norbert Römer hatten sich die Parlamentsfraktionen von SPD, Grünen und CDU vor einem Jahr auf ein Gesetz geeinigt, das eine Hürde von 2,5 Prozent für den Einzug in kommunale politische Gremien vorsah.
Stimmen zum Urteil
Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichberechtigung, bedauert das Urteil zur Sperrklausel: „Ich bedauere, aber akzeptiere natürlich die Entscheidung des Landesverfassungsgerichtshofes zur Sperrklausel bei Kommunalwahlen. Eine Hürde von 2,5 Prozent für den Einzug in alle Kommunalvertretungen hätte zu stabileren Arbeitsgrundlagen in den politischen Gremien in den Gemeinden, Kreisen und Städten geführt.“ Nun müsse die schriftliche Begründung des Urteils abgewartet werden, ehe Konsequenzen gezogen werden könnten.
Mehr Demokratie NRW: „Die Landtagsmehrheit hat aus den vorangegangenen Urteilen des Verfassungsgerichts nichts gelernt. Die Richter haben immer den Nachweis der Funktionsunfähigkeit von Räten als Voraussetzung für eine Sperrklausel benannt. Diesen Nachweis konnten die Sperrklausel-Befürworter trotz aller Bemühungen auch diesmal nicht erbringen. Der Versuch, dabei das Prinzip der Gleichheit aller Stimmen für NRW zu relativieren, ist heute aber krachend gescheitert“, stellt Landesgeschäftsführer Alexander Trennheuser fest.
Jetzt fordert die Initiative Mehr Demokratie, aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs die richtigen Konsequenzen zu ziehen: „Probleme wie etwa die mitunter lange Dauer von Ratssitzungen lassen sich sehr einfach mit der Geschäftsordnung lösen“, erläutert Trennheuser. Mehr Demokratie befürworte außerdem ein aus Sicht des Vereins “demokratischeres Wahlrecht”. „Die Wähler sollten die Möglichkeit haben, ihre Favoriten für die Räte gezielt aus den Kandidatenlisten aller Parteien auszuwählen“, schlägt Trennheuser vor. Dieses „Kumulieren und Panaschieren“ genannte Wahlrecht werde in 13 Bundesländern teilweise bereits praktiziert. Mehrere Anläufe zur Einführung dieses Wahlsystems in NRW waren im Landtag am Widerstand von SPD und CDU gescheitert.
Piratenpartei NRW: „Klugscheißer mag niemand, aber wir wussten es halt schon immer besser”, so Michele Marsching, ehemaliger Fraktionsvorsitzender und Vertreter der Piratenpartei im Organstreitverfahren. „Zumindest was die Sperrklausel angeht: Sie ist undemokratisch, sie schließt Bürger aus, sie ist vor allem verfassungswidrig – und jetzt ist sie abermals weg.”
Dennis Deutschkämer, Landesvorsitzender der Piraten NRW, ergänzt: „Sperrklauseln sind keine Garantie für stabile Regierungen. Kleine Parteien stören den Politikbetrieb nicht, sondern bereichern ihn. Ich bin froh, dass das Gericht unserem Antrag gefolgt ist und wir so den weiteren Abbau demokratischer Grundsätze und politischer Beteiligung verhindern konnten.“