VON WOLFGANG HORN
Selten habe ich von einer angenehmeren Eigenschaft lesen können als in den letzten Tagen, da „den“ Deutschen vor allem von vielen Medien „Kriegsmüdigkeit“ attestiert wurde. Eine kriegsmüde deutsche Bevölkerung ist nach allem, was deutsche Regierungen, was das deutsche Volk, was Deutschland in der Geschichte in Europa und der Welt angerichtet haben, für die Nachbarländer und ihre Völker gewiß eher beruhigend. Ich halte die Beschreibung der Bürgerinnen und Bürger meines Landes als kriegsmüde für positiv, für das Ergebnis eines historischen Lernprozesses. Die Deutschen waren kriegslüstern. Das ist Vergangenheit, Geschichte, furchtbare Geschichte.
Deutsche Kriegsmüdigkeit kann auf keinen Fall kritisiert werden. Wenn es um Krieg geht, um den Eintritt in einen Krieg, um eine Beteiligung an einem Kriegseinsatz, können Zögerlichkeit, Bedenklichkeit, genaues Abwägen, nochmaliges Nachdenken, weitere Beratungen nicht von Nachteil sein. Im Gegenteil. Trotz aller Kriegsmüdigkeit ist die Solidarität, die Parteinahme, die finanzielle und militärische Hilfe für die Ukraine und die Ukrainer ungebrochen. In Regierung wie Bevölkerung, bei Jung und Alt, in allen sozialen Schichten. Gut so. Niemand in Rußlands Führung sollte darauf bauen, daß kriegsmüde Deutsche ihre Hilfe für die Ukraine einstellen oder sich gar auf die Seite des kriegslüsternen Aggressors stellen, das Rußland Putins.
Hilfe funktioniert meines Erachtens umso besser, wenn man nicht darüber spricht, wie man hilft.