VON WOLFGANG HORN UND LOTHAR DÄHN
Einmal um die Kattwinkelsche Fabrik herum, mit Abstand und mit Mund- Nasenschutz versehen, ging es gestern bei einem Stadtspaziergang der besonderen Art. Armin Himmelrath, Journalist und Historiker, führte eine Gruppe von 40 bis 50 an der Zeitgeschichte der Stadt Wermelskirchen interessierte Bürgerinnen und Bürger aus Anlaß des Holocaustgedenktages im Auftrag von Stadt und Volkshochschule auf einer streckenmäßig kurzen, historisch umso bedeutenderen Route mit Stolpersteinen, deren jeweilige Geschichten beredt Auskunft gaben über den Alltag in der Zeit des Nationalsozialismus.
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Kenntnisreich vermittelte der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist Einzelheiten aus dem Leben der Menschen, an deren Verfolgung, Deportation und Ermordnung die Stolpersteine mahnen.
Die Miniaturen, die kleinen Geschichten, die Armin Himmelrath den Zuhörern und Mitwanderern darbot, die Dokumente und Fotos, die durch die Reihen wanderten, erzählten von der Ausgrenzung von Menschen aus der Gemeinschaft, weil sie Juden waren, Kommunisten, behindert, vom Terror, der zusehends in den Alltag der Menschen auch hier im Bergischen Land einzog, in die Schulklassen und Wohnzimmer, in die Arbeitsstätten, Büros oder ins Rathaus.
Armin Himmelrath ist Wermelskirchener durch und durch, wenngleich ihn sein Beruf immer wieder quer durch die Republik führt. Er bereitet die Zeitgeschichte der Heimatstadt ungemein verständlich, locker und vollkommen uneitel auf. Sein Wissen über den Schulbesuch auf dem hiesigen Gymnasium während der Nazizeit oder die Geschichte um die unselige Nachbarschaft des Naziführers Voigt und seiner Familie und die des verfolgten und inhaftieren Kommunisten Fastenrath nur wenige Häuser weiter auf der gleichen Straße rührt die Stadtwanderer auf den historischen Spuren.
An der Kattwinkelschen Fabrik wirft die Gruppe einen kleinen Blick in das Leben ganz junger ukrainischer Zwangsarbeiterinnen. Wo heute Kultur, Musik und Kinder toben, wurden seinerzeit Mädchen ausgebeutet, kujoniert und um den ganzen Lohn ihrer Arbeit gebracht, vor allem um ihre Jugend und Unbeschwertheit.
An der Dörpfeldschule wußte Himmelrath von der Verfolgung zu berichten, der täglich jene Schüler ausgesetzt waren, die nicht Mitglied der Hitlerjugend oder des Bundes Deutscher Mädchen waren. Sie wurden ausgegrenzt und sogar verprügelt.
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Schließlich zeigte Armin Himmelrath den Stadtspaziergängern den Koffer des Wermelskirchener Arztes Kurt Wohl, der, verfolgt und ausgewiesen, später nach Wermelskirchen mit wenigen Habseligkeiten zurückkehrte und noch einige Jahre als Arzt für die Menschen in der Stadt tätig war. Der Koffer hatte eine Irrfahrt hinter sich und ist nur durch Zufall vor wenigen Jahren wieder in seiner Bergischen Heimat gelandet.