Ein Wort zum Montag, dem 28. Juni 2021
VON CORNELIA SENG
Endlich war ich wieder im Museum. Im Schloss Wilhelmshöhe ist die Gemäldegalerie mit den Bildern „Alter Meister“ untergebracht. Es sind großartige Gemälde. Vor allem Landgraf Wilhelm VIII. ließ Mitte des 18. Jahrhunderts Bilder aus ganz Europa aufkaufen.
Über drei Etagen im Schloss verteilen sich die Bilder. Viele Kunstwerke der niederländischen und flämischen Malerei sind dabei. Thematisch sind sie bunt gemischt. Altarbilder aus Kirchen und das großartige Bild „Jakobs Segen“ von Rembrandt hängen auf einer Etage mit Bildern aus der griechischen Mythologie, zusammen mit Halbgöttern und Satyrn. Den Stall von Bethlehem sehe ich dicht neben blutigen Schlachten; lebensgroße Portraits von Fürsten in eitlen, herrschaftlichen Posen hängen neben schlichten Darstellungen aus der biblischen Geschichte.
Wie leise und selbstverständlich sich die biblischen Bilder in diese Sammlung gemischt haben!
Sie sagen mir etwas, sie erinnern und trösten mich. Sie sprechen vom Frieden: Hirten und Könige (ethnisch gemischt!) knien gemeinsam neben dem neugeborenen Kind. Der alte Jakob segnet seine beiden Enkel und betet für ihre gelingende Zukunft. Die Begegnung von Jesus und der Ehebrecherin (Joh 8,1-11) erklärt mir, was Barmherzigkeit ist. Petrus im Gefängnis wird von dem Engel in die Freiheit geführt (Apg 12). Die Szenen aus der Leidensgeschichte Jesu sprechen von Vergebung und Versöhnung.
Es kommt mir so vor, als sprächen diese Bilder von einer anderen, besseren Welt. Einer Welt, in der Liebe, Frieden, Hoffnung und Versöhnung möglich sind.
Ob Jesus das gemeint hat, als er den Jüngern sagte: „Ihr seid das Salz der Erde“ (Mt 5,13)? Auch unter den „Alten Meistern“ sind sie nur wenige unter vielen. Anhand der biblischen Geschichten sprechen sie von Liebe, Frieden und Barmherzigkeit. Sie sind wie das Salz in der Suppe. Je zu ihrer Zeit.
Wie wir wohl heute das „Salz der Erde“ sind? Mischen wir uns ein in unsere Welt, wie die biblischen Bilder in der Gemäldegalerie es tun? Wie werden spätere Generationen unsere Zeit wahrnehmen?
Das Bild, das ich gesucht habe, habe ich übrigens nicht gefunden. Aus einem Buch weiß ich, was es zeigt: Bei ihrer Begegnung mit dem Engel Gabriel ist Maria in ein Buch vertieft. Maria, die Mutter Jesu, liest in den alten Schriften! Ich werde noch öfter hingehen in die Galerie „Alter Meister“.
PS:
Das „Wort zum Montag“ macht jetzt eine Sommerpause. Allen eine gesegnete und behütete Sommerzeit!
Ralf Roletschek: Bergpark Wilhelmshöhe mit Schloß Wilhelmshöhe und Herkules im Hintergrund © GFDL 1.2