Gott ist anders

Ein Wort zum Montag, dem 31. Mai 2021

VON CORNELIA SENG

Am Sonntag im Mai ist in diesem Jahr Trinitatis, das Fest des Dreieinigen Gottes. Gott ist dreieinig oder dreifaltig, wie man auch sagen kann. Und er ist doch nur einer, glauben Christen. Das kann man nicht denken. Gottes Größe und Sein ist so anders, dass es alle Möglichkeiten, ihn mit unserem Verstand zu erfassen, sprengt. Nicht nur Muslime haben damit ihre Schwierigkeiten. Auch die alte Kirche hatte ihre Mühe, sich auf eine Bekenntnisformel zu einigen.

Ich mag diese Lehre von dem Dreieinigen Gott, eben weil sie alles Denken übersteigt. Alles, was wir von Gott denken oder sagen, ist immer schon zu wenig, zu klein, unpassend. Trotzdem ist es wichtig.

„Ich glaube an den einen Gott: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist“, lautet das Bekenntnis der Christen. Gott ist einer und doch drei.

Unter Dreien ist ein Gespräch möglich, zwischen Dreien entsteht ein Raum, eine Bewegung. „Dreieinigkeit bedeutet auch, Gott ist in sich Kommunikation“, habe ich meinem Freund, dem Philosophen aus Syrien, einmal gesagt. Ich sehe noch seinen fragenden Blick: Er hat es wohl für einen Übersetzungsfehler gehalten – ich habe versucht, es auf Englisch zu erklären.

Gott ist in sich Kommunikation: Wie soll man sonst das bekannte Wort vom Anfang des Johannesevangeliums verstehen: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort“ (Joh 1,1)? Worte schaffen Verbindung, Verbundenheit entsteht. Aber natürlich ist Gott nicht einfach „Kommunikation“ – kaum gedacht, ist der Versuch der Erklärung schon wieder zu klein.

Gott spricht, er lockt, er überrascht. Immer wieder anders, immer wieder neu. Er bringt in mir etwas zum Schwingen. Ist es Resonanz, ist es Frieden?

Ich erinnere mich an eine Begegnung auf der Kölner Straße, mitten in Wermelskirchen. Ich war auf dem Weg zum Cafè International. Etwa in Höhe der Katholischen Kirche kommen mir drei Männer entgegen, nur einen davon kannte ich. Sie seien segnend unterwegs in der Stadt, erklären sie mir. An Plätzen, vor Gebäuden, bei Menschen blieben sie stehen und beten. Ob sie mich segnen dürften? Sie dürfen. Und ich werde unter Handauflegung und inbrünstigem Gebet gesegnet neben dem Haltestellenhäuschen. Für meine volkskirchliche Frömmigkeit mit Theologiestudium war diese Begegnung auf der Straße fremd, überraschend und ungewöhnlich. Aber es hat mich berührt.

„Leben gelingt, wo mich etwas berührt“, sagt der Soziologe Hartmut Rosa, dessen Vorträge ich gern online höre. Etwas ergreift mich, „das hat mich bewegt“, sagen wir dann. Und es bringt in mir etwas zum Klingen.

Nur so kann ich von Gott sprechen. Meist sind es Bibelworte, die mich berühren, aber auch ein guter Gedanke, ein freundliches Gespräch. Ein Violinkonzert (ich liebe Tschaikowski), Sonnenstrahlen auf einem Teich im Bergpark und die Geburt des ersten Enkelkindes.

„Höher als alle Vernunft“, nennt das der Apostel Paulus (Phil 4,7). Oder wie es in diesen Tagen in den Losungen hieß: „Durch den Herrn werdet auch ihr mit erbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist“ (Eph 2,22). Gott wohnt unter uns durch Jesus im Geist.

Da ist sie wieder – die Rede von dem Dreieinigen Gott.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.