Umweltschutz wartet nicht, warum nicht per App sofort handeln?

VON JOACHIM ZAPPE

Angela Borchert vom Cafe Tilley hat es – wie wir das an dieser Stelle berichtet haben – in Wermelskirchen schon einmal vorgemacht. Umweltschonender Außer-Haus-Verzehr ist mit der VYTAL-System sehr gut machbar. Und das schon vor dem Styroporverbot ab Juli 2021 und dem für 2022 vorgesehenen gesetzlich verordneten Verbot von Einmalverpackungen. Hier soll mal ein Blick hinter die Kulissen der Versuch unternommen werden, die anderen Gastronomiebetriebe in Wermelskirchen zu motivieren, sich der Umwelt zuliebe möglichst bald dem guten Beispiel von Angela Borchert anzuschließen oder sich zumindest einmal damit auseinander zusetzen.

Es geht um das VYTAL-Cycle-System. Was das junge Kölner Start-up-Unternehmen VYTAL – mittlerweile haben über 30 Angestellte dort einen Arbeitsplatz  –  in knapp zwei Jahren auf die Beine gestellt hat, ist beeindruckend. Das erste digitale und pfandfreie Mehrwegsystem in Deutschland befreit die gebeutelte Umwelt um mehr als 10 000 Einwegverpackung  pro Tag. Tendenz steigend. Von Köln aus hat das ausgeklügelte App-System seinen Siegeszug mittlerweile nicht nur in die Metropol-Städte München und Berlin geschafft.  Auch in Kleinstädten im ländlichen Bereich  findet das System immer mehr Anhänger in der umweltbewussten Gastronomie. Das  Cafe Tilley in Wermelskirchen ist, wie im Forum-Beitrag  hier ausführlich auch in seiner Funktionsweise beschrieben wurde, ein gutes Beispiel. Mit Anreizen statt Pfand erzielt das VYTAL-System heute eine Rücklaufquote von 99 % und eine durchschnittliche Rückgabezeit von unter drei Tagen.

Im September 2019 ging das von den jungen Gründern Sven Witthöft,  Dr. Tim Becker  und  Dr.Fabian  Barthel  gegründete Startup an den Start. Die ersten VYTAL-Schalen wurden  im Mediapark in Köln per Partner-App eingesetzt. Zuvor hatte VYTAL-Mitbegründer Sven Witthöft als ehrenamtlicher Mitinitiator quasi als Selbsthilfe-Aktion die Lieferservice-Plattform  „Mir Sin Eins“ mit seinen wiederverwertbaren Boxen  ins Leben gerufen. In der Anfangszeit wurde das Essen in den VYTAL-Boxen  aus wenigen  Kölner Betrieben  mit Privatfahrrädern mit Kinderanhänger ausgeliefert. Die Entwicklung ging seither exponentiell nach oben.

Für die Geschäftsidee gab es dann sehr kurz nach dem Unternehmensstart jede Menge Auszeichnungen, zum Beispiel  den „Weconomy Preis“ des Handelsblatts. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn wurde im Oktober 2019 erster Kantinenpartner. Mittlerweile ist der Bayer-Konzern mit seinen Kaninen mit dabei. Die EHI-Stiftung des Deutschen Einzelhandels verlieh den Kölnern im Februar 2020 den Wissenschaftspreis für Zukunftsthemen des Einzelhandels und den Titel des „besten Startups 2020“. Nach einem Auftritt in der RTL-Sendung „Höhle der Löwen“  nimmt das Geschäft noch einmal Fahrt auf, und es kommt dann das gemeinsame „basic bio“-Projekt mit dem Einzelhandelsgiganten  Rewe dazu. Ansonsten ist die Kundschaft nicht nur im Restaurantbereich zu finden, sondern überall da, wo Speisen verpackt und transportiert werden, wie zum Beispiel  Supermärkte und Lieferdienste.

Mittlerweile  hat man das Angebot an Mehrwegbehältern  wesentlich erweitert. Inzwischen  gibt es Kaffeebecher, Pizzakartons, unterteilte Menüschalen oder Sushi-Verpackungen. Dabei wird Nachhaltigkeit  auch bei der Produktion der VYTAL-Schalen  großgeschrieben. Diese werden in Holland aus BPA-freiem, gut recycelbaren Polypropylen hergestellt. Sie sind 100% auslaufsicher, keimfrei , auslaufsicher und in drei  Größen (500ml, 750ml und 1250ml) verfügbar. Die Lebensdauer liegt nach Angaben des Unternehmens bei mindestens 200 Befüllungen. Bereits nach zehn Benutzungen ist die Ökobilanz gegenüber Einweggeschirr positiv.

Die Klassiker-Boxen werden in drei Standardgrößen angeboten

Wie wichtig es ist, von Einwegverpackungen wegzukommen, zeigt ein Blick auf die Statistik. Nach einer Studie des  Nabu entstanden im Jahr 2017 281 000 Tonnen Einweggeschirr und Verpackungen für To-go und Sofortverzehr. Dazu kommen nochmal knapp 66 000 Tonnen Müll aus Picknick- und Partybedarf.  Pro Kopf, so hat es das Umweltbundesamt (UBA) 2017 festgestellt, entfielen in Deutschland 226,5 Kilogramm an Verpackungsmüll an. Wenn man bedenkt, dass sich die Kunststoffabfälle von 1994 bis 2017 um 72 (!) Prozent erhöht  haben, erahnt man die Dimension des Umweltfrevels. Der  Corona-Faktor ist hier noch nicht einmal berücksichtigt. Auch sogenannte „biologisch abbaubare“ Einwegverpackungen sind keine große Alternative, da diese aussortiert und verbrannt werden, weil einfach die nötigen industriellen Kompostieranlagen fehlen.

Neben der VYTAL-Salatschale im Bild werden mittlerweile auch Menüschalen, Pizzakarton oder Sushi-Verpackungen in verschiedenen Größenlagen angeboten

Warum also auf das Gesetz 2022 warten, wenn es mit dem VYTAL-System so einfach ist, etwas für den Erhalt unserer Umwelt zu tun. Man benötigt nicht viel:

Der Gastronomiebetrieb zahlt pro  Behältnis eine Gebühr von 20 Cent, statt der Kosten für die Einwegverpackung. Die Behältnisse stellt VYTAL  firmenindividuell nach Bedarf zur Verfügung, ohne dass  Investitionskosten oder sonstige Gebühren anfallen. Die Registrierung erfolgt  per App, der Gastronom benötigt kein aufwändiges Pfandsystem und läuft nicht hinter den Kunden zwecks Rückgabe hinterher.

Der Gast benötigt lediglich die VTAL-App, die mit einem Zahlungsmittel verknüpft sein muss. Die per QR-Code gescannten Behältnisse kann er innerhalb von 14 Tagen bei allen VYTAL-Partnerunternehmen deutschlandweit zurück geben.  Dort werden sie per QR-Code ausgescannt. Erst wenn nach 14 Tagen keine Rückgabe erfolgt ist, wird die Gebühr von zehn Euro pro Behältnis fällig.

Geht es besser? Was spricht dagegen, diesen Beitrag zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit zu leisten? Gegenargumente sind herzlich willkommen!

Weitere ausführliche Informationen für User vor oder hinter der Gastro-Theke gibt es auf der Homepage von VYTAL unter www.vytal.org

Das Beitragsfoto zeigt die Gründer von VYTAL Sven Witthöft, Dr. Fabian Barthel und Dr. Tim Becker Fotos (c) VYTAL

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