Danke Cafe Tilley!

VON JOACHIM ZAPPE

Während ich diesen Beitrag  schreibe, schlägt die WDR-2-Radiomeldung  bei mir ein wie ein Blitz. Das neue “Verpackungsgesetz” ist durch! Ab 2023 wird Gastronomiebetrieben verboten, Einmalverpackungen zu benutzen. Gleich wird das Thema in den Radiosendungen aufgenommen und bearbeitet.  Das wird die nächsten Tage so bleiben. Mensch,  was sind wir im ForumWK aktuell! Hier der Beitrag dazu.

Wer träumt in diesen Tagen oder Abenden nicht davon, noch einmal Essen gehen zu können. Sich in geselliger Runde seine Lieblingsspeisen und –getränke  von  aufmerksamen Personal  kredenzen zu lassen, sich mit Freunden zu treffen und es sich einfach gut gehen zu lassen. Und das wünscht man sich nicht nur als Gast. Die Restaurants, Bistros oder Cafes der Stadt  sehnen sich inbrünstig danach,  dass ihre Zwangspause zu Ende geht und man endlich wieder für die Gäste da sein darf. Existenzen stehen auf dem Spiel.  Der Außer-Haus-Verkauf kann zur Deckung der Fixkosten sicherlich helfen und ist für viele Gastronomen überlebenswichtig. Ebenso wichtig ist es für die Stammkunden, die schon aus guter Solidarität den Kontakt zu ihren Stammlokalen halten.

Jetzt kommt aber das Problem, das jeder, der in diesen Zeiten schon einmal  Speisen bestellt hat, unmittelbar erfahren hat.  Nach dem leckeren Essen bleibt eine Unmenge, bleiben wahre Berge an Verpackungsmüll  und Unrat zurück. Das trübt das häusliche Restaurant-Erlebnis doch enorm und das Umweltgewissen schlägt kräftig Alarm. Man möchte nicht hochrechnen, was in einer Stadt wie Wermelskirchen in der To-Go-Hochzeit an zusätzlichem Müllaufkommen zusammen kommt. Der Blick ist da noch nicht einmal auf die Fast-Food-Unternehmen gerichtet.

Noch bevor das neue Gesetz in Kraft tritt, hat man im Cafe Tilley eine bisher in Wermelskirchen einmalige Lösung gefunden und nun neben der  vegan-vegetarischen Ausrichtung ein zweites Alleinstellungskriterium dazu gewonnen. Chefin Angela Borchert hat nämlich das Müll- und Umweltproblem  schon lange vor der neuen Gesetzeslage in Eigeninitiative digital gelöst und leistet damit vorbildliche Pionierarbeit in der Kleinstadt mit Herz.  Die Nachahmung in der Wermelskirchener Gastronomie ist unbedingt wünschenswert. Die Kunden, die Kuchen oder Speisen bestellen, bekommen diese in wiederverwertbaren Behältnissen unterschiedlicher Größe übergeben. Diese Ausleihe der Behältnisse ist für den Kunden kostenlos. Erst nach 14 Tagen wird bei Nichtrückgabe eine Pfandgebühr von 10 Euro pro Behältnis fällig. Innerhalb von vierzehn Tagen können diese entweder im Cafe  selbst oder in  jedem anderen Betrieb zurückgegeben werden, der  das gleiche App-System nutzt. „VYTAL“ heißen diese App und das Kölner Startup-Unternehmen, das mittlerweile mehrfach ausgezeichnet wurde von unterschiedlichen Institutionen und aus der “Höhle der Löwen” bekannt ist. In Großstädten wie Köln, München oder Berlin hat das System bereits die Gastronomie-Szene erobert.  Die VYTAL-Schalen sind mit QR-Code versehen, der mit dem Kundenhandy gescannt wird. In der App kann man dann nachverfolgen, wie lange man noch Zeit hat, die Behältnisse zurück zu geben. Falls man die Schalen nicht zurückgibt, wird die 10-Euro-Gebühr vom hinterlegten Zahlungsmittel (Kreditkarte, Paypal etc.) eingezogen. Für das Cafe Tilley fällt lediglich eine pauschale Gebühr von 20 Cent je Behältnis an. Ansonsten sind keine weiteren Investitionen nötig. „Es gibt zwar schon mal Kunden, die nicht erfreut sind, dass wir das so machen, der überwiegende Teil der Kundschaft aber findet das gut und nachhaltig“, stellt Angela Borchert fest. Am besten sei es, so die Unternehmerin, wenn man sich die App zuhause in Ruhe aus dem Store lädt. Dann ist das Abholen der Speisen in den VYTAL-Behältnissen ein Kinderspiel.

Mein veganer Kuchen, bestens verpackt in den VYTAL-Dosen. Der QR-Code wird eingescannt und bei Rückgabe spätesten nach 14 Tagen wieder ausgescannt.

Das ist aber auch vor Ort sehr einfach, wie ich am eigenen Leib erfahren konnte. Denn zugegeben, bis Mitte dieser Woche habe ich von diesem App-System noch nichts gewußt.  Häufig  komme ich nach Fahrradtouren auf dem Heimweg am Cafe Tilley  vorbei und habe in den letzten beiden Jahren mit großem Respekt den mit fleißigen Eigenleistungen verbundenem Aufbau dieser Lokalität beobachten können. Nach der letzten Radtour diese Woche bei fünf Grad und mehreren Regen- und Graupelschauern  kam die spontane Idee auf, mir selber eine Belohnung  und die in Teilen vegane Familie mit einem leckeren Stückchen veganen  Kuchens zu erfreuen. Erst bei Bestellung erkannte ich bei fehlendem Gepäckträger und meinem Rennlenker das Transportproblem. Aber nach einer kleinen, freundlichen Einführung  in das System und dem kurzen Herunterladen der App waren alle meine Transportprobleme gelöst. Mehr noch, ich habe in kürzester Zeit etwas dazu gelernt  und bin zugegebenerweise fasziniert von dieser Art der Müllvermeidung und Nachhaltigkeit. Dass der Kuchen (jeweils mit Erdbeeren, Rhabarber und Apfel) zuhause mit gutem Umweltgewissen doppelt so gut schmeckte, ist wohl klar. Es ist noch ausreichend Zeit, die Behältnisse wieder zurückzubringen, wie mir ein Blick in die App aufzeigt. Besser noch, sie sollen in den nächsten Tagen  wieder befüllt werden, denn es gibt ja im Cafe Tilley nicht nur veganen Kuchen, sondern auch herzhafte Gerichte. Das sorgt automatisch für Kundenbindung.

Ein Blick in die App zeigt mir, dass ich für die beiden von mir ausgeliehenen Behältnisse noch zwölf Tage Zeit habe mit der Rückgabe. Erst nach Ablauf der Frist wird jeweils zehn Euro Gebühr fällig

Hoffentlich gibt es Nachahmer

Apropos Kuchen:  ich schiebe ausnahmsweise einmal die journalistische Objektivität beiseite. Als bewusster Flexiganer oder besser 80-Prozent-Vegetarier empfehle ich jedem Leser hier, nicht nur das Verpackungssystem im Cafe Tilley einmal auszuprobieren, sondern auch die Scheu vor veganem Essen bei Seite zu schieben. Der vegane Kuchen hat es bei mir jedenfalls auf Anhieb in die Top Ten meiner 200 Lieblingskuchen gebracht… Für Wermelskirchen wünsche ich mir viele viele Nachahmer!

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

  1. Sehr gut! Eine Bereicherung für Wermelskirchen. Wir haben dort immer sehr leckere und innovative Gerichte essen dürfen. Ich hoffe es geht nach dem Lockdown weiter.

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