Online-Lesung des Begegnungscafés Himmel un Ääd mit großem Zuspruch
VON WOLFGANG HORN
Sehr gut besucht war gestern Abend die Online-Lesung des Cafés Himmel un Ääd – für Imis, wie die Kölner sagen, also Fremde, Immigrierte, ins Rheinland Zugewanderte, die (noch) kein Kölsch verstehen – Himmel und Erde. Vorgestellt wurde in Kooperation mit dem Katholischen Bildungswerk Rhein-Berg das 2020 als Buch für die Stadt ausgewählte Werk der aus Somalia stammenden und in Großbritannien lebenden Autorin Nadifa Mohamed.
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Himmel un Ääd in Schildgen, Bergisch Gladbach, ist ein ehrenamtlich geführtes Begegnungscafé, das diese Lesung eigentlich bereits für den November des vergangenen Jahres geplant hatte. Das Coronavirus machte aber der leiblichen Begegnung im Café einen Strich durch die Rechnung, weshalb sich die Verantwortlichen entschieden hatten, erstmalig eine Online-Lesung anzubieten. Mit vollem Erfolg. 39 Anmeldungen gab es für die Lesung, hinter mehreren Webcams hatte es sich zudem mehr als eine Person in ihrer Wohnung gemütlich gemacht. So viele Besucher hätten im Café keinen Platz gefunden.
Gaby Friedel führte zunächst kurz in die jüngere Geschichte Somalias ein, eine Geschichte von Kolonialismus, Bürgerkrieg, Aufständen, Sezession, von Gewalt, Hunger, Unterdrückung und Unmenschlichkeit. Hernach las sie geschickt ausgewählte Passagen vor, die den Zuhörern die im Buch ineinander verwobene Geschichte dreier Frauen deutlich werden lies.
Es geht um drei Frauen, deren Schicksal unwiderruflich miteinander verknüpft ist, die Feindinnen werden könnten und am Ende ein prekäres Bündnis des Überlebens schließen – die neun Jahre alte Dequo, die aus dem Flüchtlingslager, in dem sie geboren ist, in die Stadt flieht; Kawsar, eine einsame Witwe, die um ihre Tochter trauert und an ihr Bett gefesselt ist, und Filsan, eine junge Soldatin, die mithelfen soll, den Aufstand zu unterdrücken. Gaby Friedel ließ uns sehen und hören, wie gut Nadifa Mohamed ihr Land beschrieben hat, die Menschen, die Stärke der Frauen; Gaby Friedel und Nadifa Mohamed ließen uns in eine fremde Welt eintauchen, ein Gefühl dafür entwickeln, wie sich die Geschichte eines zerfallenden, zerstörten Staates anfühlen muß und wie Netzwerke von Frauen ein Weiterleben ermöglichen.
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Ein spannender Abend in einem gemeinsamen digitalen Raum, der aber auch einen kleinen Einblick gestattete in 39 verschiedene Wohnzimmer, der, anderes als bei Lesungen im Café oder der Buchhandlung, der Erzählung und Lesung auch mehr als vierzig eher private Verhaltensweisen mitlieferte, den entspannten Trank aus dem Rotweinglas oder der Kaffeetasse, wie Knabberzeug oder Joghurt das Zuhören genußvoll bereicherten, wie sich Menschen gemütlich auf Sofa oder Sessel eingerichtet hatten und konzentriert der Darbietung folgten. Auch diesmal, wie fast immer bei literarischen Lesungen: weit mehr Frauen als Männer nahmen das Angebot wahr. Dabei konnte man gestern doch so viel erfahren über die Kraft und Stärke des keineswegs schwachen Geschlechts. Großen Dank an die Verantwortlichen.