Fratze und Angesicht

VON WOLFGANG HORN

Inmitten der Barbarei in Wien, genauer: der islamistischen Barbarei in Wien, einer Mordtat gegen Unbeteiligte, gegen Menschen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, inmitten dieser inhumanen Raserei bleibt auch die Menschlichkeit sichtbar: Mikail Özen und Recep Tayyip Gültekin, zwei Kampfsportler, Muslime, halfen gestern Abend einer schwer verletzten Frau aus der Schusslinie und standen einem Polizisten bei. Die Kehrseite islamistischer Mordlust ist islamische Menschlichkeit, Mut, Beistand, Hilfe. Ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit, das eigene Wohlergehen.

Zwei Gesichter, die Fratze und das Angesicht. Die Janusköpfigkeit, die Religionen und Gesellschaften eigen ist. Keine muslimische Besonderheit. Ein Pabst auf dem Weg, homosexuelle Partnerschaften endlich anzuerkennen und zu achten und Priester, die sexuelle Gewalt ausüben. Und: ein katholischer Priester, der mit den ihm anvertrauten Kindern im Nazi-Konzentrationslager freiwillig ins Gas geht. Eine Kulturnation, die aus der Geschichte gelernt haben sollte und die Mordtaten des NSU, des nationalsozialistischen Untergrundes. Und die Ermordung des Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Die älteste Demokratie der Welt trennt die Kinder von illegalen Einwanderern an der Grenze von ihren Eltern und sperrt sie gegen die eigenen Gesetze in spezielle Lager.

Fratze und Angesicht. Überall. Militärischer Sieg über den deutschen Faschismus im Verein mit den Alliierten und Vietnam oder Guantanamo. Der Angriff auf die Synagoge in Halle und die Mordtaten vor einem Jahr. Verbrechen, Terror, Mord sind keine Kennzeichen von Religionen. Es sind aberwitzige Irrwege, die Menschen einschlagen, die verblendet sind, kulturlos, verhetzt.

Kein Gott ist auch nur ein Menschenleben wert, auch nur eine Verletzung, eine Demütigung, eine Beleidigung, eine Attacke. Kein christlicher, kein jüdischer, kein islamischer und kein anderer Gott. Keine Gesellschaft, keine Gemeinschaft darf sich der Verfolgung von Menschen schuldig machen, der Gewalt. Menschenrechte sind universal. Sie stehen über allem, über Religionen, über Staatsformen, über Gesellschaften und ihren Regeln, über nationalen Gesetzen.

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • Marie-Louise Lichtenberg
    • 03.11.20, 21:49 Uhr

    Lieber Wolfgang, vielen Dank für diese wie immer sehr präzise Analyse. Du sprichst mir aus der Seele.

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