Aus Erfahrung klug

ODER: WIE LAGERDENKEN DEN HORIZONT EINENGT

VON WOLFGANG HORN

Bei der letzten Bürgermeisterwahl schon hatte sich das „bürgerliche Lager“ in der Lokalpolitik am Krawall aus Richtung WNK UWG entzweit. Böse Mails machten die Runde, mit denen der Chef dieses Wahlvereins eine andere Wahlvereinigung, ebenso von der CDU abgespalten, aus dem bürgerlichen Lager hinausexpedierte. Die Folge war, daß der CDU-Kandidat nicht genügend Stimmen bekam und die Stadt einen sozialdemokratischen Bürgermeister. 

Aus Erfahrung wird man klug, sagt der Volksmund. Mag sein. In Wermelskirchen jedenfalls sieht das mitunter nicht so aus. Die vier vermeintlich bürgerlichen Fraktionen im Stadtrat haben sich mit ihrem offenen Brief, in dem sie gegen die Verwaltung der Stadt Stellung beziehen und mit bloß andeutend-unklaren Formulierungen bei Lesern den Verdacht ungesetzlichen oder unethischen Handelns der Verwaltung evozieren, keinen wirklichen Gefallen getan. 

Auch in Wermelskirchen werden Wahlen nicht nur mit rabaukenhafter Konfrontation gewonnen. Zumal in der Lokalpolitik die überwiegende Anzahl der Themen konsensual entschieden wird. Man braucht sich noch, nach den Wahlen. Das Gemeinwesen wird konstituiert und erhalten von den Kräften in der Mitte der Gesellschaft, nicht von jenen, die mit dem rechten Rand nicht nur liebäugeln. Ein Fraktionschef aus dem Stadtrat hat sich in Facebook durchaus offen für ein Zusammenwirken mit der AfD gezeigt. 

Wie kann es unter derartigen Umständen ein „bürgerliches Lager“ samt „Lagerdenken“ mit dieser Partei geben? Ich bin ganz sicher, daß man bei der Formulierung des offenen Briefes gegen den Bürgermeister die beiden Kandidat*innen für das Bürgermeisteramt, die mit einer bzw. zwei von diesen vier Parteien verbunden sind, nicht gefragt oder ihr Einverständnis eingeholt hat. Sie sind, ob sie es wollen oder nicht, jetzt mit-verantwortlich dafür, was ein paar Parteisektierer für einen Wahlkampfknaller gehalten haben, sich nunmehr aber als Rohrkrepierer erweist.

(Nicht nur) In der Lokalpolitik ist verfestigtes Lagerdenken nicht immer die Ultima Ratio. Man kann auch an seinen Freunden scheitern. Die für den offenen Brief verantwortlichen Scharfmacher haben diesen Bürgermeisterkandidaten womöglich keinen wirklichen Gefallen getan. Festzumachen auch an der dröhnenden Stille in diesen Reihen.

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