Wermelskirchen | “Wermelskirchen ist meine Heimat!” Diesen bemerkenswerten Satz sprach vorgestern Ritwan Korngoro, Flüchtling aus Ghana, seit fünf Jahren schon in Wermelskirchen, im Rahmen eines Pressegesprächs im Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde. Zusammengekommen waren Mitarbeiter der Initiative für Flüchtlinge und Asylbewerber,”Willkommen in Wermelskirchen”, Vertreter der lokalen Presse sowie fünf Flüchtlinge, die Auskunft gaben darüber, wie sie von der einheimischen Bevölkerung aufgenommen worden waren.
Nein, persönliche Anfeindungen hätten sie alle noch nicht erlebt, seit sie in Wermelskirchen leben. In der Großstadt, in Leipzig etwa, sei das hingegen häufiger vorgekommen, erläuterte Adil Sanide (38) in allerbestem Deutsch. Er stammt aus Marokko, war einst Mitglied der marokkanischen Palastgarde unter Kuratel des königlichen Geheimdienstes, floh, weil er sich der Demokratiebewegung angeschlossen hatte und ist hier noch nicht als Flüchtling anerkannt.
Die persönlichen Geschichten über ihre Aufnahme hier in Wermelskirchen gleichen sich und auch die Gefühle. Zainab Hazza, Ingenieurin aus Syrien, ist dankbar für ihre Aufnahme im Bergischen Land. Zwar unterschieden sich Alltag und Kultur hier von der in ihrer Heimat fundamental: aber die Menschen hier seien warmherzig und freundlich. Dankbar ist auch die 31-jährige Naima Ouffal aus Marokko, die mit einem Syrer verheiratet ist und deshalb in ihrer Heimat auf offene Ablehnung stieß. Hier kann sie unbehelligt leben und hat binnen kurzer Zeit sehr gut Deutsch gelernt. So gut, daß sie sich mittlerweile im Waschcafé mit Übersetzungen nützlich machen kann. Bulbul aus Bangladesch ist 26 Jahre alt und hat bereits eine Ausbildung absolviert, mit sehr guter Note. Nunmehr befindet er sich sogar in der zweiten Ausbildung. Der anerkannte Flüchtling war elf Jahre lang unterwegs, lebte viele Jahre in Griechenland und Italien. “Ich bin angekommen”, sagt er in nahezu perfektem Deutsch.
Die Initiative “Willkommen in Wermelskirchen hatte zum Pressegespräch eingeladen, weil sie mittels einer Anzeige, eines offenen Briefes in beiden Lokalzeitungen den Bürgerinnen und Bürgern ihren Dank aussprechen möchte für die vielfältige Unterstützung, die sie den Neuankömmlingen zuteil werden lassen, für die Hilfe, die die Willkommensinitiative in Anspruch nehmen kann, für die Spenden, die Mitarbeit und vieles mehr .
Annegret Hachenberg von der Initiative “Willkommen in Wermelskirchen” erzählt, wie es zu diesem Text kam. Einige aus dem Kreis der Willkommensinitiative hatten nach den rassistischen Demonstrationen von Chemnitz das Bedürfnis, sich vernehmlich zu Wort zu melden. “Wir wollten laut werden und uns wehren.” Aber in Wermelskirchen seien die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auch für die Flüchtlingsarbeit noch positiv. Deshalb das Dankschreiben. Die ausschließlich aus privaten Mitteln finanzierte Anzeige finden Sie weiter unten als PDF-Datei.
Und auch über die Zusammenarbeit mit lokalen Ämtern und Behörden können die Verantwortlichen überwiegend Gutes berichten. Man habe sich zusammengerauft und wisse nun, wie man gemeinsam den geflüchteten Menschen beistehen könne.
Ein bemerkenswertes Zwischen-Fazit, das Flüchtlinge und Helfer gemeinsam zogen: In der Kleinstadt gehe es womöglich persönlicher zu, unmittelbarer als in den umliegenden Großstädten. Hier ist es eher schwierig, in der Anonymität zu verbleiben, der Schutz vor Anfeindungen ist größer und die Möglichkeiten, Beziehungen zu knüpfen, eher besser.
Cornelia Seng, Sprecherin von “Willkommen in Wermelskirchen” fordert eine grundlegende Neubestimmung der Politik auf der Basis der Menschenrechte. Der Abschiebewahn müsse ein Ende haben. Flüchtlinge, die gut integriert seien, bräuchten eine Chance, dauerhaft in Deutschland leben zu können.
Beitragsfoto von links Ritwan K., Edda Preyer, Zainab Hazza • Auf den Fotos im Text Annegret Hachenberg, Willkommen in Wermelskirchen (oben links), die Journalistinnen Theresa Demski und Nadja Lehmann (oben Mitte), Naima Ouffal und Bul-Bul Hussain (oben rechts), Cornelia Seng, Willkommen in Wermelskirchen (unten links)