WNKUWG: Wie geht es weiter mit der Hausärztlichen Versorgung?

Eine Rückschau von Wolfgang Horn

Wermelskirchen | Ein Thema mit lokaler Brisanz, die angespannte Hausärzteversorgung: 35.000 Einwohner werden von nur 16 Ärzten betreut, acht Praxen sind derzeit nicht besetzt; in Leichlingen dagegen sind bei 28.000 Einwohnern nur 1,5 Sitze frei. Ein gut, ein sogar prominent besetztes Podium mit Bürgermeister, Bundestags- und Landtagsabgeordnetem aus dem Kreis, einem örtlichen Arzt, einem ärztlichen Verbandsvertreter und dem Geschäftsführer des Krankenhauses. Und etwa 50 bis 60 interessierte Besucher im kleinen Saal der Kattwinkelschen Fabrik. Alle Zutaten also vorhanden für eine interessante Veranstaltung, zu der die WNKUWG eingeladen hatte: Wie geht es weiter mit der Hausärztlichen Versorgung?

Der einzige Haken an der ganzen Sache: Das Problem der örtlichen hausärztlichen Versorgung ist lokal gar nicht zu lösen. Weder der Bürgermeister oder der Stadtrat, noch die Landtags- oder Bundestagsabgeordneten können die hausärztliche Versorgung in Wermelskirchen verbessern. Das könnten, wenn überhaupt, am Ende nur die Ärzteorganisationen regeln. Die Debatte hatte also eine strukturelle Unwucht. Man kann den Zustand der Hausärzteversorgung beklagen, man kann Unmut aufnehmen und verstärken, man kann appellieren, vorschlagen, motivieren. Regeln aber kann man nichts auf der örtlichen Ebene.

Kein Wunder, daß ein geraumer Teil der Debatte mit folgenlos-unverbindlichen Vorschlägen bestritten wurde. Etwa, daß die Stadt attraktiver sein oder werden müsse für die Ansiedlung von Hausärzten. Oder daß man den ländlichen Raum und den „tollen Beruf“ des „Landarztes“ positiv und selbstbewusst darstellen müsse. Insofern taten mir die beiden Abgeordneten der CDU, Rainer Deppe und Dr. Hermann-Josef Tebroke, sogar leid. Der Verweis auf die Einrichtung einer medizinischen Fakultät an der Universität Bielefeld und damit zukünftig einer größeren Zahl ausgebildeter Ärzte mag vielleicht in zehn Jahren Früchte für die hausärztliche Versorgung in Wermelskirchen tragen, aktuell zeigt er aber, daß mit allgemeinen politischen Aussagen einer konkreten lokalen Misere nicht beizukommen ist. Auch die Telemedizin und die elektronische Gesundheitskarte lösen die aktuelle Mangellage nicht. Einigkeit bestand auch darin, daß Anreizsysteme, Prämien oder Darlehensregelungen nicht geeignet sind, die Unterversorgung zu beheben.

Der von Stefan Kind, Vorsitzender der WNKUWG und guter Moderator des Abends, geäußerte Stolz darauf, gleich beide Repräsentanten des Kreises im Bundestag und im Landesparlament bei einer Veranstaltung begrüßen zu können („Das schafft nicht einmal die CDU“), war verständlich, hat das die Podiumsdebatte doch öffentlich aufgewertet, ging aber angesichts der fehlenden Handlungsmöglichkeiten der Parlamentarier ins Leere. Der Verweis auf „weiche Standortfaktoren“ reicht eben nicht aus. Die Bürger wollen nämlich wissen, ob sie nicht auf Dauer etwa mit einem Aufnahmestopp in den überlasteten Hausarztpraxen in Wermelskirchen zu rechnen haben.

Konkret wurde dagegen Dr. Heribert Otto Wiemer von der Kassenärztlichen Vereinigung. Indes auf andere Weise, als es die Besucher der Veranstaltung erwartet hatten. Es gebe gar keine Unterversorgung mit Hausärzten, so seine gewagte These. Davon könne erst die Rede sein, wenn nur 65 Prozent der im Bedarfsplan vorgesehenen Hausarztplätze besetzt seien. Eine technische Definition, Ärzteverbandslogik, die den Mangel lediglich verdeckt. In Wermelskirchen müsse sich niemand Sorgen machen, so Wiemer weiter, dass er vor einer Praxis in einer Warteschlange stehen müsse. Bürgermeister Bleek stellte dagegen klar, daß „Wermelskirchen in der Region Nordrhein die einzige Kommune mit nur 74,7 Prozent Bedarfsplandeckung“ sei. 

Nicht vom Ärzteverbandsvertreter, sondern vom Podium und aus dem Publikum kamen indes konkrete Vorschläge. Etwa, daß man Medizinische Versorgungszentren gemeinsam mit dem Krankenhaus errichten könne, daß die Kassenärztliche Vereinigung Praxen übernehmen und Ärzte als Angestellte einstellen könne, daß Ärzte Zweitpraxen mit angestellten Kollegen gründen sollten, daß eine Notfallpraxis eingerichtet wird, in der leichtere Fälle behandelt würden und schwerere ins Krankenhaus überwiesen.

Und ein Letztes: Ein Ärzteverbandsvertreter hat natürlich die Interessen der Ärzte und seines Verbandes zu vertreten. Ob sich daraus allerdings ableiten läßt, daß er auch das Recht hat, den amtierenden Gesundheitsminister als „38jährigen“ zu bezeichnen, „der in seinem Leben noch nicht gearbeitet hat“ und von dem man sich angesichts seiner öffentlichen Äußerungen frage, „welches Gras er denn geraucht habe“, ist meiner Ansicht nach durchaus fraglich. Ich habe Jens Spahn nicht gewählt und werde das voraussichtlich auch nicht tun. Aber einen Bundesminister nicht zu kritisieren, sondern für einen billigen Lacher im Publikum schlicht zu beleidigen, geziemt sich für einen Verbandsvertreter nicht. Diese Art der öffentlichen Herabwürdigung dient weder den Interessen der Ärzte oder des Verbandes, noch befördert er eine rationale und kritische Debatte über die Hausärzteversorgung.

Trotz dieses populistischen Fehltritts, bei dem ich mir eine Intervention des Moderators gewünscht hätte, war das eine gelungene Veranstaltung. Es ist hohe Zeit, daß wieder diskutiert und gestritten wird, daß Argument und Kritik die politische, die lokale Debatte prägen und nicht Schmähung und Hetze.

(Beitragsfoto von Links: MdB Dr. Hermann-Josef Tebroke, MdL Rainer Deppe, Bürgermeister Rainer Bleek, Stefan Kind, Tobias Hopf, Christian Madsen, Dr. Heribert Otto Wiemer)

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