„Als ich kam, war ich willkommen“

Eine Gesprächsrunde über Fluchtgeschichten, Ängste und Zuspruch

Im AJZ Bahndamm, dem autonomen Jugendzentrum, fand heute mit einer beeindruckenden Gesprächsrunde über Fluchterfahrungen die Aktionswoche „Widerrechts 2018“ ihren gelungenen Abschluß. Gestärkt von Suppen, die Mitglieder des Kinder- und Jugendparlaments (KiJuPa) gemeinsam mit dem Seniorenbeirat und Mitarbeitern der Verwaltung gekocht hatten, wurden etwa 50 Besucher in der Mittagszeit Zeugen einer ungewöhnlichen Talkrunde. Auf dem Podium neben Moderator Uwe Engelbracht drei junge Männer aus Marokko, Syrien und Nigeria neben einem zum Zeitpunkt seiner Flucht ebenfalls jungen Mann, der 1989 seine Heimat DDR über Ungarn und Österreich verlassen hatte: Adil Saride, Hoshank Mirza, Mishach Ugwuanyi und Robby Klatter.

Alle vier Fluchtgeschichten nahmen vollständig in den Bann. Die des Mitglieds der marokkanischen Palastgarde unter Kuratel des königlichen Geheimdienstes ebenso wie die des von einem Heckenschützen schwer verwundeten syrischen Soldaten; die des Nigerianers, der an demokratischen Aufständen Jugendlicher in seinem Heimatland teilgenommen hatte, genauso wie des heutigen Wermelskircheners, der seine damalige Flucht aus der DDR nicht einmal mit seiner Mutter oder engsten Verwandten hatte beraten können, weil ihm die Stasi auf der Fährte war.

Vier persönliche Geschichten, vier Dramen, vier menschliche Erschütterungen, allesamt vollkommen unterschiedlich, vergleichbar nur in dem einen Punkt: Alle Vier haben ihre Heimat verloren, verlassen müssen, sind von Verwandten, Familie, Frauen, Kindern, Freunden getrennt worden, mußten sich neu orientieren in einem doch ziemlich fremden Land mit ziemlich fremden Menschen.

Flucht geht einher mit Ängsten. Adil bereitet die Möglichkeit, abgeschoben zu werden, Angst. Die schleppenden Verfahren, die ausgedehnte Bürokratie mit unverständlicher Sprache und ebenso unverständlichen Ritualen beunruhigen ihn. Mishach hat die Beobachtung machen müssen, daß ihm Menschen seiner schwarzen Hautfarbe wegen aus dem Weg gehen, buchstäblich. Robby hatte nach seiner Flucht vor allem Versagensängste. Mit dem Wirtschafssystem in seiner neuen Heimat nicht zurecht zu kommen, bei Bewerbungen zu versagen, in Leistungsvergleichen unterlegen zu sein, Angst vor westlicher Bürokratie, Angst vor dem neuen Lebensstil.

Aber: „Als ich kam, war ich willkommen!“ So das Fazit von Robby Klatter. Er habe nach seiner Flucht große Solidarität erfahren, er habe ohne Ausweise und Unterlagen zwei Wochen nach seiner Ankunft in der Bundesrepublik bereits bei Tente-Rollen in Wermelskirchen anfangen können zu arbeiten. Und Mishach assistiert: „Ich habe auch sehr gute Erfahrungen in Deutschland gemacht. Die Menschen hier sind sehr barmherzig.“ Für Robby Klatter ist es an der Zeit, daß sich die Menschen hier daran erinnern, wie positiv sie seinerzeit die Flüchtlinge aus der DDR aufgenommen haben. Und daß sie diese Anteilnahme heute jenen zuteil werden lassen, die jetzt in unser Land kommen, weil sie vor Krieg und Verfolgung fliehen, vor Elend und Not ihre Heimat verlassen.

Hier ein paar Impressionen:

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