“Nachtrauern”

Ein Kommentar von Wolfgang Horn

Am 13. Oktober veröffentlichte die Hannoversche Allgemeine unter der Überschrift: “Grüne und Linke kritisieren Bundesbehörden” einen Beitrag darüber, wie die beiden Oppositionsparteien im Deutschen Bundestag, Bündnis 90 / Die Grünen und Die Linke, Bundesbehörden nach eventuellen Versäumnissen im Zusammenhang mit der Selbsttötung des mutmaßlichen Terroristen al-Bakr befragen wollen. Genannt werden der Verfassungsschutz und der Generalbundesanwalt. Es geht etwa um die Frage, seit wann die Behörden und Dienste von den mutmaßlichen Anschlagsplanungen wußten und welche Quellen ihnen zur Verfügung standen. Angemessene Fragen zur Klärung eines teils noch unklaren Sachverhalts. Das tägliche Los von Oppositionsparteien. Insoweit ein eher gewöhnlicher, ein alltäglicher Presseartikel, routiniert geschrieben, der beim Leser keinerlei Schnappatmung auslöst.

Ein Leser allerdings, einer aus Wermelskirchen, versteigt sich nach der Lektüre der Hannoverschen Allgemeinen zu folgendem Kommentar:

Es gibt in diesem Land – bevorzugt bei LINKEN und GRÜNEN verortet – immer noch jede Menge “Naivlinge”, die sich über jeden “Flüchtling”, gleich mit welcher Motivation und Hintergrund er zu uns kommt, freuen – und gleichzeitig jedem toten Selbstmordattentäter nachtrauern, der “verstorben” ist, bevor er Unschuldige töten konnte…
… Kopfschütteln!

Mit Jan-Josef Liefers möchte man fragen, “wie oft (…) einem beim Wassertrinken der Klodeckel auf den Hinterkopf gefallen sein (muß), bis man solche” Kommentare verfaßt? Aber, leider, ist Dummheit oder Ohnmacht an dieser Stelle keine einleuchtende Erklärung. Der Verfasser dieser fünf Zeilen ist seiner eigenen Niedertracht erlegen. An keiner Stelle des Artikels aus der Hannoverschen Allgemeinen läßt sich etwas finden über die Trauer von Linken oder Grünen über den vermeintlichen Selbstmordattentäter, übers Nachtrauern. Es handelt sich um eine schlichte Lüge, mit der grünen- und linkenfeindlicher Politiqualm und ein Klima der Flüchtlingsfeindlichkeit erzeugt werden soll. Der Urheber dieses frechen Kommentars kreist nur noch im postfaktischen Selbst, in der Cerebralphimose. Was interessieren nachlesbare Fakten, wenn mit einer dreisten Lüge politische Gegner bequemst diffamiert werden können? An keiner Stelle ist in der genannten Zeitung die Rede von Freude der Naivlinge über “jeden ‘Flüchtling’, gleich mit welcher Motivation und Hintergrund er zu uns kommt”. Nirgendwo. Nein. Der Kommentator hat, mal wieder, frei fabuliert, jenseits sämtlicher Fakten. Das Ressentiment ersetzt das Argument. Haß den politischen Kompass.

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • stefan janosi
    • 01.11.16, 10:10 Uhr

    Auch, oder grade in der Kommunalpolitik, gibt es Provokateure die das sähen von Hass als politische Aufgabe sehen. Das Motiv dieser Menschen ist die Spaltung der Gesellschaft voranzutreiben, um dann daraus Ihr Nektar zu saugen. Wolfgang Horn hat dieses Verhalten treffend als “Niederträchtig” beschrieben.

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