Der Medienkrieg des Möchtegernjournalisten oder wie ein Gastronom zum Mini-Erdogan wird

Eine Glosse mit ernstgemeintem Schlusssatz von Wolfgang Horn

In die Idylle der Kleinstadt mit Herz, ja, Wermelskirchen ist gemeint, in unsere kleinstädtisch-dörfliche Idylle also zieht ein Krieg ein. Ein Medienkrieg. Der Krieg der Möchtegernjournalisten. Schlimmer noch: Im Dorf hat sich ein Facebooktaliban zum Mini-Erdogan aufgeplustert. Was ist geschehen?

Frau P. und Herr P., ihres Zeichens Macher eines lokalen Videokanals, erhalten via Facebook, der publizistischen Heimat des Stadtverordneten eines parteiähnlichen lokalen Vereins, eine Nachricht. Nennen wir den Verfasser der Einfachheit halber Herr O. Herr O. also bezichtigt das Ehepaar P., ihn, Herrn O., bei den Redaktionen der beiden Tageszeitungen in Misskredit gebracht zu haben, was aus eigennützigen Motiven heraus geschehen sein soll. Und deshalb werde Herr O. nun dafür sorgen, daß das Paar P. seine Filme nicht in den fünf Facebookgruppen posten dürfe, in denen Herr O. als Administrator fungiert, sozusagen als Facebooktaliban, als Alleinherrscher, der ungehemmt bestimmen kann, was zu sehen und zu lesen ist und was nicht.

Der Hintergrund dieser Posse ist schnell erzählt. Der Gastronom O., Pressesprecher seines Vereins, hat ein skurriles Hobby. Er postet jeden lokalen Artikel der beiden Tageszeitungen in jede von ihm erreichbare Facebookgruppe und sorgt damit für eine alltägliche Nachrichtenüberschwemmung in den Facebookgruppen, die sich auch nur entfernt mit Wermelskirchener Themen befassen. Kritik an dieser Artikelschwemme perlt an Herrn O. ab wie der Dreck von der Lotusblüte. Mit der Zeit wird sich durch die alltägliche Beschäftigung mit den journalistischen Hervorbringungen der Lokalzeitungen bei Herrn O. die Idee festgesetzt haben, er selber sei auch irgendwie journalistisch tätig. Weil er ja die von anderen geschriebenen Beiträge eigenhändig in Facebook verteilt.

Doch der eifrige Journalistenimitator O. läßt es bei einer Sperre von Herrn und Frau P. in „seinen“ Facebookgruppen nicht bewenden. In einer weiteren Nachricht, nächtens gepostet, droht der Pressesprecher und Artikelverteiler mit seiner politischen Macht. Der Taliban mutiert zum Erdogan. „Und glauben Sie mir, dass ich diese Aktivitäten Ihrerseits bei meinen Freunden und natürlich auch bei WiW bekannt machen werde!“ O-Ton O.. WiW, für jene, denen dieses Kürzel nicht geläufig sein sollte, steht für Wir in Wermelskirchen, der Marketinggemeinschaft, aus dem Einzelhandelsverband hervorgegangen, eine nicht ganz unwichtige Gesellschaft im idyllischen Dorf. Ein kurzes „Pfui Teufel“ ziert als Grußformel die Nachricht an Familie P.. Das mit der Kinderstube ist ja bei Herrn O. auch schon geraume Zeit her.

Ziehen wir ein kurzes Zwischenfazit: Herr O. zeiht Herrn und Frau P., ihn bei den Redaktionen der Tageszeitungen in Misskredit gebracht zu haben und sperrt, sozusagen als Retourkutsche, Familie P. aus den Facebookgruppen aus, in denen O. das Sagen hat. Und Herr O. droht an, Herrn und Frau P. dort, wo Herr O. über Einfluß verfügt, seinerseits anzuschwärzen. Herr O. also droht mit seiner Macht als öffentliche Person.

Damit aber nicht genug. Gegen halb zwei Uhr nächtens legt Herr O. nach. Er wolle auch „befreundete“ Administratoren von fünf anderen Facebookgruppen zeitnah über „diese miesen Machenschaften“ informieren. Früher nannte man solcherart Informationen Denunziation.

Der selbsternannte Journalist O. greift, um jemanden zu kritisieren, der sein Hobby der Artikelverteilung in Facebook skeptisch sieht, nicht zum Mittel der öffentlichen Kritik oder der journalistischen Auseinandersetzung, sondern zu den Verfahren der Denunziation. Aus dem Gastronom ist mithin der Wermelskirchener Mini-Erdogan erwachsen.

Das ist leider alles nicht wirklich lustig. Was ist eigentlich in den Pressesprecher und Stadtverordneten gefahren, daß er glaubt, mit der Androhung von Macht und Beziehungen mißliebige Meinungen mundtot machen zu können? Was nimmt sich der selbsternannte Journalist eigentlich heraus, wenn er glaubt, Andersdenkene mit Zensur und Verbot überziehen zu dürfen? Herr O. hat nichts verstanden, gar nichts von Presse- und Meinungsfreiheit. Herr O. ist ein wahrhaft kümmerlicher Vertreter der Unfreiheit. Es wird Zeit, daß für Stadtverordnete Anstand wieder Maßstab wird und Kinderstube und Respekt im Umgang mit jenen, die anderer Auffassung sind.

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