Ein Wort zum Montag, dem 26. Februar 2024
VON CORNELIA SENG
Niemand kann etwas für den Ort seiner Geburt. Und nicht für den Zeitpunkt. Auch meine Vorfahren habe ich mir nicht selbst ausgesucht. Das alles ist mir zugefallen. Meine Geburt in Nordeuropa, mein Leben in der Nachkriegszeit in Deutschland.
Auch die jungen Frauen im südlichen Osteuropa haben sich den Ort ihrer Geburt nicht selbst ausgesucht. Und nicht die Armut, in der ihre Kinder aufwachsen.
Im Gottesdienst am letzten Sonntag ging es um „Hoffnung für Osteuropa“. Um das Projekt „FRANKA“ (= FRAuenNothilfe KAssel). Beide Evangelische Kirchen in Hessen fördern das Beratungsprojekt. Es geht um junge Frauen vor allem aus Rumänien, die mit großen Versprechungen in den reichen Norden Europas gelockt werden. Versprechen auf ein Leben in Freiheit und Menschenwürde. Doch hier erwartet sie das Gegenteil. Sie werden zur Prostitution gezwungen. Mit Drogen und Missbrauch werden sie gewaltsam gefügig gemacht. Sie werden verschleppt und verkauft. Menschenhandel! Im Gottesdienst werden zwei von ihnen stellvertretend mit Vornamen genannt, und wir erfahren von ihrem grausamen Lebensweg. Ich nehme teil an ihrem Schicksal. Und mit mir viele Menschen der gutbürgerlichen Stadtgesellschaft.
Jesus von Nazareth damals war verschrien dafür, auch mit „Sünderinnen“ respektvoll und menschlich umzugehen. Eine der Frauen hat ihm die Füße gesalbt und geküsst. Er hat es zugelassen, bei Tisch in der Männerrunde (Lk 7,36-50). Dafür wurde er geliebt und verehrt. Die Frau war „mehr als nur dankbar“, sagt die Bischöfin in ihrer Ansprache an diesem Tag im Gottesdienst.
Jesu Liebe zu den Ausgegrenzten und Verachteten war so groß und so weit, dass wir sie spüren können. Heute noch: Die Menschen im Gottesdienst widmen ihre Zeit, ihre Gedanken und ihr Gebet dem Leid der jungen Frauen.
Das hat Jesus angestoßen! Seitdem ist sie nicht mehr wegzudenken aus der Welt, die Liebe Gottes. Und nicht kleinzukriegen. Darauf will ich mich verlassen.