Offener Brief an die Eltern, die einen ablehnenden Bescheid bei der Anmeldung ihrer Kinder zur Gesamtschule bekommen haben.

Schreiben des Fraktionsvorsitzenden der SPD im Stadtrat, Jochen Bilstein

Sehr geehrte Eltern,

es hilft Ihnen und Ihren abgelehnten Kindern gewiss nicht weiter, wenn ich Ihnen erkläre, dass ich vollstes Verständnis für ihre Sorgen habe.

Leere Worte, werden Sie sagen. Fest steht aber leider, dass weder zum Zeitpunkt der Gründung der Gesamtschule und dem ersten Anmeldetermin noch zum Zeitpunkt der zweiten Anmeldung Ende Januar 2024 genügend Raumkapazitäten für eine sechszügige Gesamtschule bereitstanden und -stehen. Wenn Vertreter von Grünen und FDP im vergangenen Sommer eine Sechszügigkeit forderten, so haben sie das in dem Wissen getan, dass schon damals wie heute dafür kein Platz ist und daher auch die Bezirksregierung keinen positiven Bescheid erlassen würde. Auch ich als Schulausschussvorsitzender und meine SPD Fraktion waren und sind für eine Zügigkeit, mit der alle Kinder einen Platz finden. Aber wir machten und machen keine Versprechungen, die damals und gegenwärtig nicht zu halten waren und sind. 

Meine Fraktion und ich haben für eine Gesamtschule in Wermelskirchen gekämpft. Unser öffentliches Versprechen bei der nicht unumstrittenen Schaffung der Gesamtschule, dass kein Kind zurückgelassen würde, bezog sich vornehmlich darauf, dass Kinder mit sämtlichen Empfehlungen für eine weiterführende Schule, von Hauptschule bis Gymnasium, in Wermelskirchen beschult werden sollten, was im Falle einer Realschulgründung nicht der Fall gewesen wäre. Alle Fraktionen waren skeptisch bei der für die Gründung einer Gesamtschule erforderlichen Quote, ob überhaupt genügend Kinder angemeldet werden würden. Daher der vorsichtige gemeinsame Antrag für eine vierzügige Schule. Uns allen war aber auch klar, dass für eine absehbare Zeit der Raum für die Gesamtschule, die sich die bestehenden Gebäude noch über mehrere Jahre mit der Sekundarschule teilen muss, begrenzt sein würde.

Das bedeutet: Selbst wenn alle Fraktionen im vergangenen Sommer für eine Sechszügigkeit gestimmt hätten, wäre damit kein einziger zusätzlicher Platz in den der Gesamtschule zur Verfügung stehenden Gebäuden vorhanden gewesen und hätte keines der gegenwärtig 15 abgewiesenen Kinder einen Platz erhalten. Ich habe mich in den vergangenen Monaten mit der Verwaltung darum bemüht, Lösungen für eine Sechszügigkeit zu finden. Mit einem an die Schule angrenzenden Grundstück, das die Stadt aber erst im vergangenen Dezember erwerben konnte, ergeben sich erst jetzt neue Perspektiven für den Schulstandort Wirtsmühle. Auf der Grundlage wird die Bauverwaltung planen und auch eine Lösung mit einem zweiten Standort in die Planung einbeziehen. Diese Varianten sind nicht neu, auch wenn das von FDP und Grünen in einem Antrag für den Schulausschuss als ihre Lösungen hinstellen. Als Hürde für eine Sechszügigkeit kommt hinzu, das übersehen FDP und Grüne, wenn sie fordern, schon jetzt die Sechszügigkeit bei der Schulaufsicht zu beantragen, dass die Bezirksregierung diese nur dann überhaupt in Erwägung zieht, wenn ein konkreter Raumplan dafür von der Stadtverwaltung vorgelegt wird, was im Moment gar nicht der Fall sein kann.

Ich gehe davon aus, dass der Schulausschuss vor dem Hintergrund der Flächenerweiterung in der Wirtsmühle, die im vergangenen Jahr nicht absehbar war, die aber eine notwendige Voraussetzung für eine Schule mit zwei Standorten war und ist, der Verwaltung den Auftrag erteilen wird, die baulichen Voraussetzungen für eine Sechszügigkeit zu planen, an einem Standort, alternativ an zweien. Planung wie bauliche Umsetzung werden nicht über Nacht erfolgen können. Ob es für Ihre aktuell 15 abgewiesenen Kinder eine Lösung gibt, kann ich ehrlicherweise nicht sagen. Ich werde diese Frage aber intensiv mit den Beteiligten, Schule wie Stadt, besprechen.

Mit freundlichen Grüßen

Jochen Bilstein
Vorsitzender des Schulausschusses

Vgl. auch Leserbrief von Ina Peters und Kommentar von Wolfgang Horn. Dort weitere Kommentare.

Kommentare (10) Schreibe einen Kommentar

    • Claudia Gutscher
    • 11.02.24, 19:22 Uhr

    Guten Tag Herr Bilstein,

    Sie führen seitenweise Gründe an, warum es nicht möglich ist, dass mein Kind hier zur Schule gehen kann. Ich möchte Ihnen einmal erzählen, wie sich mein Kind fühlt:
    Alle seine Freunde wurden angenommen, er möchte nun gar nicht mehr in die Schule, er meint, er sei offensichtlich zu dumm oder irgendetwas anderes sei mit ihm nicht in Ordnung.
    Die Option, die er nun hat: Entweder nach Hückeswagen oder nach Odenthal zur Realschule zu gehen, falls er dort überhaupt angenommen wird. Man hat mir gesagt, man werde dort zunächst die Kinder aus der eigenen Stadt annehmen.
    Dabei muss er zweimal umsteigen und er ist pro Strecke insgesamt etwa 1,5 Stunden unterwegs. Insgesamt drei Stunden pro Tag. Gemäß Paragraph 140 SGB III gelten bei Arbeitslosen Fahrzeiten von mehr als 2,5 Stunden hin und zurück bei einer Beschäftigung von mehr als 6 Stunden als unzumutbar. Liegt die tägliche Arbeitszeit darunter, gelten Pendelzeiten von mehr als 2 Stunden als unverhältnismäßig hoch.

    Ich kenne es so: Wenn ich etwas plane, denke ich an alle Folgen. Haben Sie auch diese Folgen bedacht? Offensichtlich nicht. Oder haben Sie sie billigend in Kauf genommen?

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      • Jochen Bilstein
      • 11.02.24, 20:39 Uhr

      Guten Abend,
      als wir beschlossen, die Sekundarschule durch eine Gesamtschule zu ersetzen, war ein Grund, dass wir die Schülerinnen und Schüler in Wermelskirchen beschulen wollten, die in andere Städte gegangen waren. Es war uns aber von Anfang an klar, dass es zum Beginn der neuen Schule eine Belastung geben würde, die Raumsituation. Die würde nur mittelfristig verbessert werden können. Vorher musste jedoch klar sein, ob die Eltern eine Gesamtschule, die ja eine Oberstufe hat, mit der Mindestanmeldezahl von 100 wählen würden. worden. Kommuniziert wurde auch immer,dass es bei der Neugründung der Gesamtschule ein Handicap geben würde, dass erst mittelfristig gelöst werden könnte, ein Defizit an Räumen. Daher war allen Beteiligten bewusst, dass allenfalls bei einer Fünfzügigkeit der vorhandene Schulraum ausreichen würde. Das Versprechen, dass alle Kinder aus Wermelskirchen gleich welcher Schulempfehlung in unserer Stadt beschult werden würden, war daher bis zum Ausbau der bestehenden Schulräume eingeschränkt. Daran hätte auch ein Sechszügigkeitsbeschluss im vergangenen Jahr nicht verhindern können. Auch die Sekundarschule hätte Schüler abweisen müssen, wenn sie die Anmeldezahlen wie die Gesamtschule erreicht hätte.

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        • Claudia Gutscher
        • 11.02.24, 22:40 Uhr

        Guten Abend Herr Bilstein,

        aus Ihren Ausführungen folgt, dass nur Kinder mit Gymnasialempfehlung bzw. der Eignung, das Gymnasium zu besuchen, einen Schulplatz in Wermelskirchen sicher haben.

        Alle anderen Kinder müssen Glück haben, dass die Plätze ausreichen.

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    • Hartmann
    • 11.02.24, 19:32 Uhr

    Sehr geehrter Herr Bilstein.

    Die Kinder um die es geht sind nicht erst seit gestern hier.
    Man hat bereits im vergangenen Jahr gewusst das einfach nicht genügend Platz da sein wird , und wie hat man sich bisher darum gekümmert? Genau es passiert nichts.
    Man wird vertröstet auf andere Städte verwiesen statt an einer Notlösung zu arbeiten.

    Auch die Ausreden es wären keine Baugrundstücke da gewesen stimmt so nicht , man hätte einen 2 Standort errichten können.

    Unsere Kinder sind keine Erwachsenen und niemand von Seiten der SPD oder CDU selbst von der Bürgermeisterin bekommt man weder Unterstützung noch Lösungen vorgelegt.

    Für unsere Kinder ist es unzumutbar zu utopischen Uhrzeiten los zu müssen von Sicherheit mal abgesehen.

    Ich finde es eine Frechheit ihnen alles zu nehmen was sie besitzen, ihr vertrautes Umfeld , ihre Freunde …. ich könnte ewig weiter machen .

    Sie alle sind jetzt am Zug JETZT was zu tun und JETZT eine Lösung zu präsentieren.

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    • Jochen Bilstein
    • 11.02.24, 20:54 Uhr

    Ihre Behauptung, es sei im vergangenen Jahr nichts unternommen worden, ist falsch. Wir haben die beschlossene Vierzügigkeit in eine Fünfzügigkeit umgewandelt und erfolgreich den Ankauf eines Grundstücks angrenzend an das Schulgelände im Dezember beschlossen. Das war die Grundlage für die Planung einer Sechszügigkeit. Falsch ist auch, dass wir behauptet hätten, es gebe kein weiteres Schulgrundstück. Nur lassen sich Entscheidungen wie diese nicht in wenigen Wochen erledigen. Notlösungen, wie Sie fordern, können auch nicht so schnell umgesetzt werden wie Sie fordern. Das würde auch die Schulaufsicht nicht akzeptieren, die das letzte Wort haben würde.

    Antworten

    • Jessica Thiele
    • 12.02.24, 0:16 Uhr

    Sehr geehrter Herr Bilstein
    Bitte helfen Sie mir zu verstehen, ich scheine zu dumm zu sein. Die Realschule ist 2019 ausgelaufen, dass sie Sekundarschule nicht angenommen wurd, war ziemlich schnell offensichtlich, zumindest für mich als Mutter, die zu der Zeit 2 Kinder hatte, für die es um eine Weiterführende Schule ging. Deshalb wurde doch auch das Ende der Sekundarschule und der Start einer neuen Schule beschlossen. Viele Wermelskirchener Schüler waren in andere Städte abgewandelt, was aber hauptsächlich mit der nicht Annehme der Sekundarschule zu tun hatte. Meine Frage ist nun, wie kann es sein, dass eine neue Schule geplant und gegründet der wird, mit dem Verdprechen, dass kein Kind aus Wk zurückgelassen wird, ohne im Vorfeld, für genügend Platz zu sorgen? Wie kann es sein, dass die Realschule geschlossen und abgerissen wurde und nicht unmittelbar der Bau einer neuen Schule gestartet wurde???? Wie kann es sein, dass ein Gymnasiast in Wk jede Chance hat einen Platz zu bekommen, auch wenn die Erfahrung der letzten Jahre zeigt dass ein großer Teil dieser Kinder dort nicht hingehören und die Schule in den ersten beiden Jahren verlassen müssen, aber andere Schulformen nicht das Recht haben, 6 zügig zu starten? Es geht hier auch nicht nur um die 15 Schüler, sondern auch um diese Kinder, die in der nächsten Zeit das Gymnasium verlassen werden. Warum haben nicht die Kinder, die Schulen, die Bildung , allerhöchste Priorität in dieser tollen Stadt mit Herz? Ich verstehe das einfach nicht. In der dhüntalschule, mussten Klassenräume auf Drängen der Elter, wegen Schimmel geschlossen werden. Wie wird hier mit unserer Zukunft umgegangen? Was wird Ihnen vermittelt?
    Alles andere ist in meinen Augen zweitrangig . Die Planungen für eine vernünftige Beschulbarkeit hätten aufgrund der Zahlen der in Wermelskirchen lebenden Kinder schon 2019 beginnen müssen. Oder was verstehe ich hier nicht???

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    • Isa Peters
    • 12.02.24, 10:55 Uhr

    Sehr geehrter Herr Bielstein,

    die komplexe Gemengelage, die 6- Zügigkeit der Gesamtschule betreffend, werden wir in diesem Forum wohl nicht klären können.
    Ich denke aber, dass die Bürger , insbesondere die Eltern dieser Stadt eine verständliche Erklärung verdient haben, wie es sein kann,
    dass

    1. das Versprechen ” wir lassen kein Kind zurück” schon im 2. Anmeldejahr einfach so gebrochen werden konnte

    2. Kinder aus Wermelskirchen eine Absage erhalten, während Kinder aus anderen Kommunen angenommen wurden ( das erzählt man sich zumindest)

    3. bei den abgelehnten Kindern kein Kind mit Gymnasialempfehlung dabei ist,
    obwohl es für diese Kinder eine Alternative in unserer Stadt gäbe und somit niemand zurück bleiben müsste…
    Und kommen sie mir bitte nicht mit der Begründung, das eine Oberstufe sichergestellt werden muss.
    Sie wissen als Fachmann sicher besser als ich, dass über die Hälfte der Kinder, die an einer Gesamtschule Abitur machen, nicht mit Gymnasialempfehlung starten .
    Manche Kinder brauchen Zeit, weshalb eine Gesamtschule einen guten Weg bietet, auch diesen Kindern das Abitur zu ermöglichen.

    4. Stellt sich die Frage, ob die 15 Kinder nicht vorübergehend in die 5 Klassen integriert werden können .
    ( Sie haben ja mittelfristig eine 6- Zügigkeit in Aussicht gestellt)
    Da gibt es doch sicher Obergrenzen, was die Schülerzahlen in den Klassen angeht. Sind die bereits erreicht?

    Fragen über Fragen. Ich hätte noch mehr davon, will mich aber mal auf die für mich brennensten beschränken .
    Ich stelle diese Fragen auf diesem Weg, weil ich ja am Donnerstag nur als stille Zuhörerin am Schulausschuss teilnehmen kann.

    Es wäre schön, wenn uns interessierten und engagierten Bürgern, die weder Schulleiter:innen noch Verwaltungsangestellte sind, diese Fragen verständlich beantwortet würden.

    Gruß Isa Peters

    Antworten

    • Gebhard Lehr
    • 12.02.24, 12:47 Uhr

    Sehr geehrter Herr Bilstein,
    nach dem Beschluss, für die geplante neue Gesamtschule keinen zukunftsfähigen Neubau zu errichten, teilte ich Ihnen und Frau Bürgermeisterin Lück in einer Mail vom 19.03.2022 meine Bedenken mit. Ich warnte eindringlich davor, die vom Schulträger zu verantwortenden Fehler, die mit zum Abwenden der Eltern von der Sekundarschule und letztlich ihrem Scheitern geführt haben, erneut zu wiederholen. Immer wieder wurden den Eltern Versprechungen zu einer vernünftigen baulichen Unterbringung gemacht, die aber nicht eingehalten wurden. Deshalb warnte ich eindringlich davor, die Gesamtschule zu starten, ohne eine zukunftsfähige bauliche Perspektive zu haben, die aus meiner Sicht nur ein Neubau bieten kann. Als ehemaligem Schulleiter der Hauptschule sind mir die Einschränkungen des Standortes Wirtsmühle ja nun hinlänglich bekannt.
    Leider antwortete nur Frau Lück auf meine Mail. Ihre Argumentation, warum eine Baumaßnahme auf dem Gelände der ehemaligen Realschule nicht zielführend sei, konnte mich nicht überzeugen, was ich ihr auch mitteilte.
    Nun steht der Schulträger wieder vor dem Dilemma, vor dem ich eindringlich gewarnt habe. Mir fehlen einfach die Worte.

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    • Marie-Louise Lichtenberg
    • 14.02.24, 11:06 Uhr

    Auch ich bin entsetzt und traurig, dass die Stadt als Schulträger nicht in der Lage ist, trotz Schulpflicht, allen Wermelskirchener Kindern einen Schulplatz zur Verfügung zu stellen. Für die abgelehnten Kinder und deren Eltern ist das eine Katastrophe. Diese Kinder erfahren, dass für sie hier kein Platz ist. Was macht das mit einem Menschen?
    Als ehemalige Lehrerin der Hauptschule erinnere ich daran, dass wir, als es nur noch eine Hauptschule gab, alle Kinder aufnehmen mussten. Es hieß nicht, für Dich ist hier kein Platz. Wir platzten zeitweise aus allen Nähten, aber wir schafften es! Zum Wohle der uns allen anvertrauten Kinder. Wir hatten über viele Jahre mehr als 900 Schülerinnen und Schüler. Es geht, wenn man will!

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    • Frank Kaluscha
    • 14.02.24, 15:59 Uhr

    Hallo Jochen,
    den obigen Ausführungen der Eltern und anderer Fachleute ist nicht viel hinzuzufügen. Aber was soll immer die Behauptung Grüne und FDP würden entgegen besseren Wissens” eine 6-Zügigkeit fordern. Die Schülerzahlen waren auch im letzten Jahr schon klar und die Platzprobleme am aktuellen Standort auch.
    Wer genügend Schulplätze für unsere Kinder möchte, muss auch Farbe bekennen und dann halt einen 2. Standort wollen. Das haben wir auch schon im letzten Sommer/Herbst gefordert. Jetzt hilft alles Jammern nichts, sondern es heißt Farbe zu bekennen und endlich für die 6-Zügigkeit mit allen Konsequenzen stimmen.
    Übrigens, für die Gesamtschule haben auch wir uns eingesetzt oder von mir aus auch gekämpft.

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