GESCHICHTEN, DIE NICHT ERZÄHLT WERDEN

Ein Wort zum Montag, dem 15. Januar 2024

VON CORNELIA SENG

„Die jungen Männer sind sehr freundlich und höflich“, sagt die ältere Dame in unserem Gesprächskreis. Das sagen auch alle ihre Freundinnen, die mit Rollator unterwegs sind. Von den „Südländern“ bekommen sie immer einen Platz angeboten im Bus. Sie sagt „Südländer“. „Flüchtlinge“ oder „Muslime“ traut sie sich wohl nicht zu sagen. Die anderen bestätigen sie. Alle haben schon mal ähnlich Positives mit Flüchtlingen erlebt. 

Im Restaurant in dieser Woche: Der junge Mann am Tisch vor mir bittet um eine Serviette. Ehe ich  reagieren kann, steht die Frau am Nachbartisch auf und reicht ihm ihre unbenutzte. Ob sie ihm sonst noch irgendwie helfen kann? Der junge Mann ist offensichtlich blind und auf Hilfe angewiesen. Die selbstverständliche, unaufdringliche Art der Frau beeindruckt mich. 

Der Mensch ist grundsätzlich fähig zu Empathie und Kooperation. Nur das hat die Menschheit überleben lassen, behauptet der Philosoph und Autor Rutger Bregman in seinem Buch ( R. Bregman: Im Grunde gut – Eine neue Geschichte der Menschheit). Wozu sonst sind wir da, wenn nicht, um uns gegenseitig zu helfen? Auch wenn manche uns anderes einreden wollen.

Die Geschichten, die nicht erzählt werden, sind die eigentlichen Geschichten des Lebens. 

„Prüft alles, und das Gute behaltet!“ schreibt der Apostel (1.Thess 5,21). Wir sollten uns angewöhnen, die kleinen, positiven Geschichten weiterzuerzählen.  Sie machen das Leben aus.

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