Dilemma oder Eigentor?

VON WOLFGANG HORN

Nein, die AfD ist in keiner Angelegenheit eine „vernachlässigbare Größe“. Da irrt der Vorsitzende der SPD-Fraktion im örtlichen Stadtrat, Jochen Bilstein. Im Bund und im Parlament, in den Ländern und ihren Landtagen, in den Kommunen und ihren Stadtverordnetenversammlungen: Auf keiner Ebene und in keiner Frage darf es eine Gemeinsamkeit mit jenen geben, die unseren Staat in Frage stellen, die Demokratie bekämpfen, die Gesellschaft spalten wollen, Minderheiten ausgrenzen, eine völkisch-nationalistische Autokratie anstreben, in einem fort verhetzen, beleidigen und schmähen. Insofern befindet sich die SPD auch nicht in einem “Dilemma”, wie die Lokalpresse anlässlich der gestrigen Ratssitzung über den Tagesordnungspunkt der Baustelle an der Autobahn den Fraktionsvorsitzenden zitierte. 

Im Rat war eine gemeinsam mit der AfD von allen Parteien und Fraktion im Rat mit Ausnahme der Linken eingebrachte Entschließung zur Beschleunigung der Bauarbeiten beraten worden. Natürlich hat die SPD eine „Verpflichtung gegenüber den Bürgern in Wermelskirchen in besonderem Maße“, wie die Zeitungen Jochen Bilstein zitieren. Aber vor allem hat die SPD natürlich die Verpflichtung, die Demokratie vor ihren Feinden zu schützen und die Bürger über die Positionen der AfD aufzuklären. Mit der gestrigen Zustimmung zur Entschließung haben die Sozialdemokraten nun leider die Verantwortung dafür übernommen, daß der AfD-Mann Springer im Rat bereits das Verhältnis zur AfD zu einer Frage der „persönlichen Animosität“ verkrüppeln konnte, der man die „Sachlichkeit“ entgegenstellen möge. 

Andreas Willinghöfer und zwei weitere Mitglieder der Grünen-Fraktion sowie Mike Galow von den Linken enthielten sich der Stimme. „In der Sache stimme ich der Resolution voll zu, aber im Verfahren nicht“, machte Andreas Willinghöfer deutlich: „Ich werde nicht für diese Resolution stimmen, weil ich nicht Steigbügelhalter für die AfD sein will, die versucht, sich ein bürgerliches Image zu verschaffen.“ Damit erteilte Willinghöfer der Gemeinsamkeit des Stadtrats für die Resolution, die auch die AfD-Fraktion mit unterzeichnet hat, eine Absage.

Wer, wenn nicht Sozialdemokraten, Grüne, Linke und Liberale, soll denn mit Haltung den Rechtskräften entgegentreten und so öffentlich ein Zeichen setzen, daß die AfD nicht zum bürgerlichen Kanon gehört? Diese Chance haben drei Parteien gründlich vertan. Was ist gewonnen, wenn AfD-Mann Springer die Ehre der Gemeinsamkeit mit Demokraten erwiesen wird? In der Baustellenfrage nichts. In der Frage der Stärkung der Demokratie ebenfalls nichts. Im Gegenteil: Hier wird die erforderliche Klarheit um ein demokratisches Prinzip verwässert.

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

    • stefan wiersbin
    • 14.12.22, 18:35 Uhr

    Wolfgang, Du hast aus meiner Sicht vollkommen recht mit Deiner Meinung zu dieser politischen Entscheidung. Es macht mich wütend, dass demokratische Parteien mit der AfD gemeinsam eine Resolution im Rat unserer Stadt verabschiedet haben. – Welche Konsequenz dies für meine politische Arbeit hat, werde ich in den nächsten Tagen endgültig entscheiden. Klar ist, dieses Verhalten meiner Partei, hier Vorort, wird nicht ohne Reaktion meiner Seits bleiben.

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    • Mike Galow
    • 15.12.22, 10:36 Uhr

    Ist schon tragisch, was da gelaufen ist. Und wofür…..

    Die Resolution ist ja nur eine Statement, dass die Politik den jetzigen Zustand im Hünger nicht tolerieren wird. Das war aber auch schon vor der Resolution klar. Alle Parteien waren sich da einer Meinung. Und das wurde auch so öffentlich Kund getan. Es kann ja auch niemand ernsthaft glauben, dass die Autobahn GmbH nach dieser Resolution Alles stehen und liegen lässt und auf einmal das mach, wo man sich seit Monaten nicht in der Lage für sieht. Es geht bei dieser Revolution also nur um den politischen Profit bei den Bürger*innen. So groß war also das “Dilemma“ gar nicht.

    Es stellt sich bei solch einer Entscheidung halt nur die Frage, was einem wichtiger ist. Die Demokratie zu schützen, oder es für politischen Profit in Kauf nehmen, einer staatsfeindlichen Partei zu signalisieren, dass man doch dazu gehört. Die SPD hat diese Frage klar beantwortet……

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