Meine Documenta

I. Die Dauerkarte 

VON CORNELIA SENG

Am 18. Juni eröffnet die Documenta, die Weltkunstausstellung in Kassel. Ich habe mir eine Dauerkarte gekauft für die „documenta fifteen“. Früher fand sie alle vier Jahre statt, seit 1972 alle fünf Jahre.

Zum ersten Mal besitze ich also eine Dauerkarte, obwohl ich in Kassel aufgewachsen bin und es die Documenta fast mein ganzes Leben lang schon gibt, seit 1955. Für die ersten Ausstellungen war ich natürlich noch zu jung. Später, als Jugendliche habe ich die bürgerliche Meinung meiner Eltern übernommen: „Ist das Kunst, oder …?“ In meinem Elternhaus hingen Gemälde eines Heimatmalers aus Nordhessen an der Wand. Sie zeigten den heimischen Wald. Mit dieser Kunst bin ich aufgewachsen.

Später waren nur kurze Besuche der Documenta mit Tageskarte drin. Die Kinder waren noch zu klein. Für tiefe Eindrücke blieb keine Zeit.

Jetzt also die Dauerkarte für 129€. Ob sich der Preis lohnen wird?

Was ist moderne, was ist zeitgenössische Kunst? Kann sie etwas bewirken in der Gesellschaft?

In Kassel hat sie jedenfalls etwas bewirkt: Von jeder der bisher 14 Ausstellungen ist ein Kunstwerk in der Stadt geblieben. „Die Spitzhacke“ am Ufer der Fulda von Claes Oldenburg zum Beispiel. Sie steckt im Boden als hätte der Herkules sie gerade geschleudert.

Vielleicht gilt ja auch für die Documenta, was Julian Barnes (der englische Schriftsteller) über die Kunst von Claes Oldenburg sagt: „Sie hilft einer alten Dame zwar nicht über die Straße, lässt sie aber beschwingter die Treppe hochsteigen.“

Das wäre doch was. Ich werde es ausprobieren. Und werde berichten.

Alle Fotots (c) Cornelia Seng

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