VON WOLFGANG HORN
Wie war das noch, vor nicht einmal einem Jahr? Als es noch keine Impfstoffe gegen Covid-19 gab? Bis auf die paar Nörgler, die unter allen Umständen gegen alles sind und das auch lauthals, haben sich die Menschen hierzulande sehr gut an die paar Regeln gehalten, die wenigstens einen gewissen Erfolg versprachen, nicht mit dem Coronavirus infiziert zu werden. Abstand halten, Kontakte einschränken, besondere hygienische Aufmerksamkeit, in Innenräumen lüften, Masken über Mund und Nase tragen, große Menschenansammlungen meiden. Alle, wir alle versprachen uns eine weitgehende Rückkehr zu normalem Leben, jedenfalls normalerem Leben, wenn sich die Menschen im Land mittels einer Impfung gut gegen das tückische Virus schützen könnten. An dieser Stelle sind wir nun. Alle Menschen im Land, anders, als in vielen anderen Gegenden der Welt, in Afrika zumal, in Südamerika, anderswo, können sich nunmehr impfen lassen. Bei freier Auswahl des Impfstoffs. Überall, jedenfalls fast überall. Beim Hausarzt, in Impfzentren, bei Sonderimpfaktionen etwa im Innenhof des Rathauses, demnächst in der Arbeitsagentur, in vielen Betrieben. Wann hat es derartige Möglichkeiten schon einmal gegeben? Niemals. Es gibt keinen vernünftigen Grund, sich jetzt nicht impfen zu lassen. Die Impfung ist nach wie vor der einzige gute Schutz gegen das Virus und seine Mutationen. Wer sich impfen läßt, schützt sich und andere. Wer sich impfen läßt, macht es dem Virus schwerer, die noch Ungeschützten zu erreichen und zu infizieren. Wer sich impfen läßt, schützt auch jene, die sich selber nicht impfen lassen können, Kleinkinder, Schwerkranke, Allergiker. Wer sich impfen läßt, geht achtsam mit sich selbst um, mit seinen Nächsten, den Nachbarn und der Gesellschaft. Das alles kann man auch umdrehen. Wer sich nicht impfen läßt, kann vielleicht von der großen Anzahl der Impfungen im Land profitieren, handelt aber nicht sozial, sondern eigennützig. Wer sich nicht impfen läßt, gibt dem Coronavirus die Chance zur Mutation. Wer sich nicht impfen läßt, leistet keinen Beitrag zur Normalisierung des Alltags. Wer sich nicht impfen läßt, gefährdet auf Dauer das Gesundheitssystem des Landes. Wir können doch nicht binnen eines Jahre vergessen haben, welche Hoffnungen die ganze Welt in die Entwicklung von Impfstoffen gesetzt hatte. Daß wir nunmehr auf ausreichende und unterschiedliche Impfstoffe zurückgreifen können, hierzulande jedenfalls, ist ein Triumph der Wissenschaft. Wir sollten dankbar sein, demütig. Niemand konnte vor Jahresfrist davon ausgehen, daß wir so schnell in solch eine gute Lage geraten würden. Stattdessen gibt es sie immer noch und teils auch lauter als zuvor. Die passionierten Coronaleugner und Impfgegner wüten bar jeder Vernunft gegen die einzig rationale Handlung an, die sich derzeit bietet. Mit abstrus-obskuren Erzählungen, mit Argumenten, denen man allenfalls sturzbetrunken zustimmt, niemals aber im nicht-umnebelten Zustand, mit antigesellschaftlicher und antielitärer Verve, gepaart mit rechtspopulistisch eingefärbten Dummheiten wie Corona- oder Merkeldiktatur und im Einklang mit völkisch-rechtsextremistischen Strippenziehern, denen es weniger um Gesundheit geht denn um die Beseitigung der Demokratie. Eine unheilige Allianz von Dummheit, esoterischer Einfalt, Verschwörungswahn und völkischer Verblendung. Laßt uns jetzt alle das tun, was wir vor nicht einem Jahr erhofft hatten, aber für den jetzigen Zeitpunkt nicht erwarten durften. Geht zum Arzt, in die Impfzentren, zu den mobilen Einsatzwagen und laßt Euch gegen Covid-19 impfen. Alle. Jetzt. Und behaltet die anderen Vorsichtsmaßnahmen bei. Haltet Abstand, meidet Kontakte, haltet Euch an die Hygieneregeln, lüftet in Innenräumen und schützt Euch und andere mit Mund- und Nasenmasken, drinnen und draußen.