VON WOLFGANG HORN
Ehrlich, ich kann es nicht mehr hören: der Kandidat der Herzen. So ein Geschwurbel. Markus Söder war und ist nicht der Herzenskandidat. Er war der Kandidat, der seine Machtgeilheit, seinen Instinkt, die im übrigen Politiker auch haben müssen, am gewinnendsten öffentlich darzustellen verstand. Seine Performance war die bessere, eindeutig. Die Resultate seines Handelns als bayerischer Minsterpräsident in der Corona-Krise sind schlechter als die des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten. Markus Söder hat nicht seltener als Laschet seinen Kurs gewechselt. Aber er hat den großen Kümmerer besser zu geben gewußt als Laschet, der eher von einer in andere Position gestolpert ist und kaum jemals ein Fettnäpfchen wirklich zu umgehen verstand. Der Kandidat der Herzen. Der Modernisierer. Der Modernisierer mit dem Kruzifix. Vergessen? Wie er alle bayerischen (gottlob nur die) Amtsstuben mit Kreuzigungsdarstellungen versehen und Kopftücher aus selbigen verbannen wollte? Vergessen? Die häßlich-zynische Formulierung vom Asyltourismus? Vergessen? Die länger anhaltenden Versuche, den CSU-Kurs an Forderungen der AfD zu orientieren? Vergessen, daß das schlechte Wahlergebnis bei den Landtagswahlen den Kandidaten der Herzen erstmals in eine Koalition mit den Freien Wählern und Herrn Auwanger zwang? Nein, der schwarze Riese, körperlich, ist ein Mann von Normalmaß, politisch, intellektuell, emotional, kein Kandidat der Herzen. Mit Söder ist nicht mehr Staat zu machen als mit Laschet. Mit Laschet ist nicht weniger Staat zu machen als mit Söder. Man muß auch Kanzler oder Kanzlerinnen nicht lieben oder verehren. Wenn man viel Glück hat, sichern sie rationale Politik, vermeiden sie größere soziale Härten, bewahren und stärken sie das Gemeinwohl, begrenzen sie Partikularinteressen, handeln sie menschlich, nicht nationalistisch und stärken sie Europa. Kandidaten des Kopfes, des Anstandes und menschlicher Wärme sind mir allemal lieber als die nur bester Bühnenpräsenz.