In Corona-Zeiten zählt jede Minute Unterricht mehr als neue Lehrpläne!

Die gemeinsame Petition mit über 25 000 Unterschriften übergaben am 25. März die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Grundschulverband (GSV) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) an Ministerin Yvonne Gebauer (rechts im Bild)

VON JOACHIM ZAPPE

Schlimmer geht`s immer. Als wenn es nicht schon schwer genug wäre, in Corona-Zeiten den Betrieb der Schulen und den Unterricht dort aufrecht zu halten. Alle Bildungsstätten befinden sich seit einem Jahr Corona-Pandemie in einem Dauer-Ausnahmezustand. Die Belastungsgrenze der Pädagoginnen und Pädagogen in den Systemen ist durch ständig neue Vorgaben und den Wechselunterricht mit der Organisation von Präsenz- und Distanzlernen unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen absolut erreicht. Für die Grund- und Förderschulen im Lande könnte es aber noch schlimmer, knüppelhart, kommen. Geht es nämlich nach dem Willen von NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer, dann soll zu den immensen Belastungen der Lehrer und Lehrerinnen mit der Erarbeitung neuer Lehrpläne ausgerechnet im Schuljahr 2021/2022 noch ein dickes Paket draufgepackt werden. Das umso mehr, als dass die Pädagoginnen und Pädagogen täglich an ihrer absoluten Belastungsgrenze arbeiten. Gerade jetzt zählt jede Minute für die direkte Bildungs- und Erziehungsarbeit mit den Kindern, um weitere Schäden von den Schülerinnen und Schülern abzuwenden.

Die Lehrplanarbeit für die Grund- und Förderschulen kommt aber nicht nur wegen der Corona-Pandemie zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Seit Jahren arbeiten die Grundschulen in NRW unter schwierigen Bedingungen. Ausgebildete Lehrkräfte fehlen, sonderpädagogische Expertise ist an vielen Schulen nicht vorhanden, Lerngruppen sind zu groß und viele Schulgebäude sind, gelinde gesagt, nicht mehr zeitgemäß. Die viel beschworene Digitalisierung steckt allenfalls in den Kinderschuhen.

In großer Einigkeit kämpfen die Interessenverbände der Lehrerinnen und Lehrer, die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft), GSV (Grundschulverband) und VBE (Verband Bildung und Erziehung) in diesen Tagen für  eine Verschiebung der arbeitsintensiven Lehrplanarbeit. Innerhalb der letzten vier Wochen haben 15 232 Menschen eine Petition der Verbände unterzeichnet, die unter dem Motto „Neue Grundschullehrpläne –Nicht jetzt!“ online durchgeführt wurde. Bei der Übergabe der Petition an Ministerin Yvonne Gebauer am 25. März im Düsseldorfer Landtag stellten die Vertreterinnen und Vertreter von GEW, GSV und VBE gemeinsam ihre Forderung für alle Schulen in NRW in den Fokus: „Priorisieren, aber richtig! Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt stellen! Vorrang für Schule und Unterricht!“

Die Vertreter der Verbände stellten bei der Übergabe der Petition an die Ministerin ihre Standpunkte klar.

Christiane Mika, Vorsitzendes des GSV NRW:
„Die entscheidend wichtige Aufgabe für alle Pädagoginnen und Pädagogen ist es zurzeit für jedes Kind da zu sein. Die momentane Arbeit bringt die Grundschulen täglich an ihre absolute Belastungsgrenze. Umfangreiche Lehrplanarbeit kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht geleistet werden.“

Maike Finnern, Vorsitzende der GEW NRW:
„Lehrkräfte brauchen jetzt Entlastung, um Zeit für die Schülerinnen und Schüler zu haben und sie nach den Schulschließungen entsprechend zu fördern. Die neuen Lehrpläne kommen zu einem extrem ungünstigen Zeitpunkt.“

Stefan Behlau, Vorsitzender des VBE NRW:
„Die Lehrkräfte benötigen aktuell dringender denn je mehr Zeit für Kinder und Jugendliche. Sie müssen sich auf ihre Aufgabe des Unterrichtens und der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler konzentrieren können. Nur unbedingt notwendige Änderungen sollten in der aktuellen Zeit implementiert werden. Dazu gehören neue Lehrpläne nicht. Das gilt im Übrigen für alle Schulformen.“

Es bleibt abzuwarten, inwieweit das Schulministerium in Düsseldorf auf die Petition der Verbände reagiert. Die Situation spielt bis zu einer ministeriellen Entscheidung auch in der Wermelskirchener Schullandschaft weiterhin in Schulleitersitzungen und Gesprächen mit dem zuständigen Schulrat eine große Rolle, wie Schulleiterin Dagmar Strehlow-Toussaint von der Waldschule in Wermelskirchen gegenüber dem ForumWk bestätigte.

Beitragsfoto © GEW NRW

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