No justice – No peace

Wort zum Montag, dem 15. Juni 2020

VON CORNELIA SENG

Es fängt an zu regnen. Dicke Tropfen fallen vom Himmel. Alle flüchten unter das nahe Vordach.

Nur Fritz, der amerikanische Kollege, bleibt stehen und streckt sein Gesicht in den Regen. Laut zitiert er aus der Bibel: „Es ströme das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach“ (Amos 5,25). Dies Bibelwort war Martin Luther King wichtig, lieb und teuer. Oft hat er es zitiert. Auf seinem Grabmal mitten in einem breiten Wasserlauf steht geschrieben: „Wir werden uns nie zufrieden geben können, solange nicht die Gerechtigkeit wie Wasser vom Himmel fließt und das Recht wie ein breiter Strom“. 

Um das Grabmal herum hat Coretta King, die Witwe von Martin Luther King, ein „Education Center“ bauen lassen, eine Begegnungsstätte für Austausch und gemeinsames Lernen. Mit vollem Recht schreiben heute Demonstranten der „Black Lives matter-Bewegung“ auf ihre Schilder: „No justice – No peace“. Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden. Ohne Gerechtigkeit ist „Frieden“ höchstens ein von den Mächtigen befohlener Waffenstillstand, ein „fauler“ Frieden. Wo Unrecht herrscht, ist kein Frieden.

Auch in der Bibel gehören Gerechtigkeit und Frieden immer zusammen. In Psalm 85 heißt es: „Wohl dem Land, in dem die Ehre Gottes wohnt, wo Gerechtigkeit und Frieden sich küssen!“

Lange bevor das Unrecht System wird, hat es in unseren Köpfen, in unserer Sprache angefangen. Wie denken und reden wir über schwarze junge Männer, wie über weiße alte Männer? Wie über Flüchtlinge und Asylbewerber? Lehrer und Lehrerinnen müssen genau auf gerechte Benotung achten, wenn Kinder z. B. Kevin und Chantalle heißen. Das hat man bei einer Untersuchung vor Jahren herausgefunden.

„Ich bin immer noch davon überzeugt, dass Liebe, allumfassende und bedingungslose Liebe der Schlüssel zum Frieden ist. Liebe führt zu Vergebung, Vergebung führt zur Heilung. Heilung führt zu Gemeinschaft. Gemeinschaft führt zu dauerhaftem Frieden.“ Das steht auf einem großen Plakat im „Martin Luther King-Center“ in Atlanta. Coretta King war das immer wichtig. Wir sind immer noch Lernende.

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