Chance vertan

VON WOLFGANG HORN

Eine denkwürdige Sitzung fand gestern im Ausschuß für Bau und Umwelt statt. Gleich drei unterschiedliche Anträge zum großen Thema “Klima” standen zur Beratung an: Die Freien Demokraten wollten einen Prüfauftrag zur Erstellung eines explizit auf Wermelskirchen und seine Bürger zugeschnittenen Klimaschutzkonzeptes beschließen lassen. Bündnis90/Die Grünen stellten den Antrag, entsprechend dem Vorbild sehr vieler Städte im In- und Ausland, etwa Köln, Los Angeles, Vancouver, London, Basel, Düsseldorf oder Leverkusen in Wermelskirchen symbolisch den Klimanotstand auszurufen. Und die SPD schließlich legte den konkreten Antrag vor, auf der Basis des vom Kreistag bereits beschlossenen Klimaschutzkonzeptes für den Rheinisch-Bergischen Kreis konkrete Einzelmaßnahmen in Wermelskirchen in die Wege zu leiten, beispielsweise ein kommunales Energieeffizienznetzwerk aufzubauen, die energetische Sanierung öffentlicher Liegenschaften in Angriff zu nehmen, Photovoltaik auszubauen, etwa auf Sekundarschule oder Hallenbad, und mittelfristig die Stelle eines eigenen Klimaschutzmanagers in der Stadt einzurichten. Ergänzt wurde dieser Antrag zudem durch einen Antrag der WNKUWG, der mit den Fraktionsvorsitzenden der CDU, der FDP und des Bürgerforums sowie der SPD abgestimmt war. Demnach habe die Einführung eines Energiemanagements auf der Verwaltungsebene “zentrale Bedeutung für die Erreichung der Klimaschutzziele” und zudem sollten bei kommunalen Beschaffungsmaßnahmen auch ökologische Kriterien beachtet werden.

Ein gute Basis, sollte man meinen, wenn sich mit Ausnahme der AfD alle Fraktionen im Rat der Klimaproblematik zuwenden und auf kommunaler Ebene konkrete Maßnahmen und Planungen fordern und vorschlagen wie auch durch den symbolischen “Klimanotstand” diesen Forderungen öffentlichen Nachdruck zu verleihen suchen.

Aber: Die lokalen Polit-Größen haben, mal wieder, eine Chance vertan. Die CDU, vertreten von Anwalt Bernhard Meiski, rettete sich in eine aufgeblasene juristische Betrachtung des Wörtchens “Notstand” und fuhr die ganz großen Geschütze des Notstandsrechts auf. Bloß, damit nicht eine eher symbolisch-politische Notstandsausrufung im Stadtrat diskutiert werden möge. Und von dem Ergänzungsantrag, der mit seinem Fraktionsvorsitzenden abgesprochen war, hatte Meiski keine Kenntnis. Die FDP wollte lediglich ihren Prüfauftrag durchsetzen, nicht aber mitwirken dabei, einen gemeinsamen Antrag samt auch des Klima-“Notstandes” vorzulegen. Die SPD schließlich zog ihren Antrag zurück, nachdem die anderen Parteien signalisiert hatten, mit dem Ergänzungsantrag ihrer eigenen Fraktionsvorsitzenden nicht wirklich etwas anfangen zu können und keineswegs bereit seien, Photovoltaik auf den geplanten Neubauten zu bedenken oder die Stelle für einen Klimaschutzmanager zu finanzieren. Einzig der AfD-Vertreter Karl Springer war wirklich bei sich, als er, der sich ansonsten allenfalls zur Flüchtlingsproblematik in Rat und Ausschüssen äußert, öffentlich verkündete, die Beratung zum Thema “Klimaschutz” sei “Zeitverschwendung”, da eine Klimakrise wissenschaftlich nicht belegbar sei.

Was soll man sagen? Keiner der vorgelegten Anträge fand eine Mehrheit im Ausschuss. Ein Paradebeispiel für Kommunalpolitik. Wie weiland bei den Beschlüssen zur Eindämmung des Verkehrs auf der Telegrafenstraße. Eine Posse. Eigentlich waren alle Voraussetzung gegeben, gemeinsam lokale Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe auf den Weg zu bringen. Ob es nun der aufziehende Kommunalwahlkampf war, der diese Chance hat scheitern lassen, Eifersüchteleien, Obstruktionslust, mangelnde Weitsicht, Cerebralphimose, fehlende Expertise, der IQ – einerlei. Die Chance ist vertan. Es wird Zeit, daß sich die lokalen Politiker mit diesem Beratungsergebnis vor allem den Bürgern von Morgen stellen müssen, den jungen Menschen in der Stadt, für die das Klima und seine Entwicklung offenbar eine andere Dringlichkeit hat als für saturierte, beratungsresistente und selbstgerechte Provinz-Scheinriesen.

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

    • Bernd Herder
    • 05.02.20, 12:09 Uhr

    Ganz meine Meinung. Die offensichtliche Unfähigkeit der Fraktionen, selbst zu so einem Thema zu einem tragfähigen Kompromiss zu kommen, ist erschreckend.
    Die Leidtragenden sind unsere Kinder, die Jugendlichen und die jungen Familien. Über Politikverdrossenheit braucht man sich nicht zu wundern. Es wird Zeit, dass sich das ändert! Mindestens in Wermelskirchen.

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    • MarcO
    • 06.02.20, 10:19 Uhr

    Lokalpolitik ohne Visionen vom Morgen.

    Vielleicht sollten einige Entscheidungsträger schleunigst den Stuhl räumen!

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