Natürlich kennt und findet man das Stadtcafé. Unter dem Gerüst und hinter dem Zaun, am Rathaus, da sollte es sein. An einem derart böigen Tag wie gestern allerdings, wenn die Stadtmenschen nicht draußen sitzen wollen, vor dem Rathaus, ist es schwieriger zu finden. Wenn nämlich die Außengastronomie nicht als Wegweiser herhalten kann. Mit Heike bin ich verabredet. Im Stadtcafé. Wie der Name schon sagt, das Café der Stadt. Jedenfalls das Café, dessen Eigentümerin die Stadt ist und das sich im Rathaus befindet, in dem seit ewigen Zeiten eingerüsteten Verwaltungsbau mitten in der Stadt.
Nach dem gestrigen Artikel im Wermelskirchener General-Anzeiger gibt es im Stadtcafé eigentlich nur ein Thema: der Streit, die Kontroverse zwischen der Verwaltung und dem Pächter, Peter Preuß, um eine Mietnachforderung der Stadt. Die Wellen schlagen hoch. 4.021, 50 Euro soll er nachzahlen, der Pächter, wenn es nach der Besitzerin des Cafés geht, der Stadt, genauer: dem Gebäudemanagement der Stadt. Bis heute. Dann werde gegebenenfalls ein Mahnverfahren fällig, trotz des “bisher erfreulichen Pachtverhältnisses”. Immerhin seit zwölf Jahren ist Preuß der Betreiber des Stadtcafés. Peter Preuß ist enttäuscht. Er glaubt, daß in einem persönlichen Gespräch, am besten noch bei einer gemeinsamen Begehung die, wie soll man sagen? Irritationen hätten ausgeräumt werden können.
Nach dem Buchstaben des Vertrages, der Vereinbarung mit der Stadt bestehe die Forderung durchaus zu Recht. Aber als er den Vertrag unterschrieben hatte, vor zwölf Jahren, war das Stadtcafé von der Telegrafenstraße aus noch als Bestandteil des Rathauses erkennbar. Zwei Monate später aber verschwand das wuchtige Gebäude und mit ihm auch das Cafè unter und hinter einem Gerüst samt Planen, weil die Fassadenplatten marode waren und auf die Straße und den Vorplatz zu stürzen drohten. Wenn, wie heute, keine Außengastronomie möglich ist, kann der Besucher der Stadt kein Stadtcafé erkennen und eben nicht dort einkehren. Von derart erschwerten Bedingungen war bei Vertragsabschluß nichts zu ahnen.
Und, so Preuß weiter, das Café war vor 35 Jahren modern und auf dem neuesten Stand. Heute aber nage der Zahn der Zeit am Stadtcafé. Die Fenster seien undicht, die Küche müsse dringend modernisiert werden, teils gebe es nicht einmal mehr Ersatzteile für einzelne Geräte. Und schließlich: Seit Jahren funktioniere der Aufzug nicht, mit dem das Personal die Waren aus dem Lager in das Café schaffen sollte. Kurzum: Seit zwölf Jahre betreibe er, Preuß, das Café unter erschwerten Bedingungen. Beispielsweise zahle er klaglos Nebenkosten, mit denen auch die Reinigung der Außenflächen vor dem Café abgegolten werde. Nur: seit Jahren finde eben genau diese Reinigung seitens der Stadt nicht mehr statt. Hier fegt der Chef selbst. Vor der Schicht. Hinter dem Drahtzaun und vor ihm.
In jedem anderen Mietverhältnis hätte der Pächter eine Mietminderung vorgenommen. Beispielsweise auch deswegen, weil das Café hinter Gerüst und Zaun von der Sonne nicht erreicht werden kann und deshalb fast ganzjährig elektrisch illuminiert werden muß. Im Oktober bereits muß das Lokal beheizt werden, weil, wie gesagt, Fenster undicht sind. Eine Mietminderung aber will Preuß nicht. Er möchte ein Gespräch und eine gemeinsame Begehung, damit die Mängel schnell beseitigt werden. Und, natürlich, daß die Stadt auf ihre Nachforderung verzichtet.
Heike und ich sind uns einig, mit den meisten Besuchern im Stadtcafé. Redet miteinander. Inspiziert das Stadtcafé. Beseitigt die Mängel. Und sorgt gemeinsam dafür, daß die Stadt, die Verwaltung, das Rathaus demnächst wieder eine schöne Visitenkarte haben, das Stadtcafé. Ein helles, freundliches, einladendes Café. Die gemütliche Seite des Rathauses. Wermelskirchen braucht das.
Da schließe ich mich 100 % an..