Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur
Der Deutsche Städtetag appelliert an Bund und Länder, die finanzielle Ausstattung der Städte für die Aufnahme und Integration von Geflüchteten zu verbessern. Auch bei der Unterbringung geflüchteter Menschen brauchen die Städte deutlich mehr Unterstützung. Dazu sagte Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Münster, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur:
“Die Debatte um die Bezahlkarte darf nicht den Blick verstellen auf die viel wichtigeren offenen Fragen zur Flüchtlingspolitik.
Wir mahnen weiter eine bessere Finanzausstattung der Kommunen an, um Geflüchtete aufnehmen und integrieren zu können. Gerade die Integration muss im Fokus bleiben und funktioniert längst noch nicht so, wie es nötig wäre.
Wir stellen uns den vielen Integrationsaufgaben vor Ort, doch allein können wir das finanziell nicht stemmen. Immerhin haben sich Bund und Länder inzwischen auf eine atmende Finanzierung geeinigt: Wenn mehr Geflüchtete kommen, steigen auch die Mittel des Bundes. Das ist ein Meilenstein, die Städte haben das lange gefordert. Aber klar ist: Die aktuelle Pro-Kopf-Pauschale von 7.500 Euro reicht nicht aus, um die Aufwendungen zu decken.
Insbesondere für die Integration der Flüchtlinge muss der Bund noch einmal nachlegen. Und die Länder müssen die Bundesmittel möglichst eins zu eins an die Kommunen weitergeben. Das ist nicht in allen Ländern der Fall. Außerdem sollte der Bund die Kosten der Unterkunft für Geflüchtete wieder vollständig übernehmen.
Das entlastet die Kommunen zielgenau und hat sich in der Vergangenheit bewährt. Es ist weiter schwierig, geflüchtete Menschen in den Kommunen angemessen unterzubringen. Aktuell geht die Zahl der Asylanträge zwar zurück, trotzdem erhöht jeder weitere Zuzug die Zahl der Geflüchteten, die in den Städten leben. Immer noch sind viele in Messehallen oder Zelten untergebracht, auch Familien mit Kindern. Das ist eine enorme Herausforderung, Bund und Länder müssen für Entlastung sorgen.
Die Länder müssen deutlich mehr Plätze in Landeseinrichtungen schaffen und auch der Bund muss eigene Unterbringungskapazitäten zur Erstaufnahme aufbauen.
Bei den Maßnahmen zur Integration der vielen geflüchteten Kinder und Jugendlichen sind wir dringend auf die Unterstützung der zuständigen Länder angewiesen. Es mangelt an Schul- und Kitaplätzen, Sprachkursen und vor allem Personal.
Damit die Rückführung von ausreisepflichtigen Asylsuchenden ohne Bleibeperspektive schneller klappt, brauchen wir vor allem mehr Migrations- und Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern.
Das hatte der Bund zugesagt. Die Ergebnisse sind aber bisher ernüchternd. Kaum ein Herkunftsland, mit dem verhandelt wurde, hat sich bisher verbindlich zur Rücknahme abgelehnter Asylbewerber verpflichtet. Ausnahmen sind Länder wie Georgien oder Moldau, die bereits als sichere Herkunftsländer eingestuft sind.
Die aktuelle Debatte um eine Arbeitspflicht für Asylbewerber sollte versachlicht werden. Bereits heute schon können Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden. Viel wichtiger ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Asylbewerber regulär arbeiten dürfen und können. Es ist gut, dass Bund und Länder im vergangenen Jahr verabredet hatten, rechtliche Hürden für die Arbeitsaufnahme von Geflüchteten zu senken.
Uns ist wichtig, dass Asylbewerber, die den Städten zugewiesen werden, sofort arbeiten dürfen – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Das ist heute noch nicht der Fall.
Tatsächlich entlastet werden die Städte nämlich dann, wenn Geflüchtete eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen. Das sorgt auch für bessere Integration.” Lewe weiter:
“Dafür muss der Bund die Arbeitsagenturen und die Jobcenter gut ausstatten, damit sie Geflüchtete beraten, qualifizieren und in Arbeit vermitteln können. Außerdem müssen Qualifikationen aus dem Heimatland einfacher anerkannt werden.”