Ein Wort zum Montag, dem 9. September 2024
VON CORNELIA SENG
Seit ein paar Monaten laufe ich jeden Morgen eine gute Stunde durch den Bergpark in Wilhelmshöhe. Es ist ein schnelles Gehen mit den Walking-Stöcken. Inzwischen habe ich eine feste Route: Vorbei an der Löwenburg, weiter bis zur Teufelsbrücke und dann der Heimweg. Nahezu die ganze Strecke führt durch den Wald. Manche Bäume sind sehr alt. Sie haben mich schon als Kind hier entlanggehen sehen bei Spaziergängen mit den Eltern.
Im Bergpark werden die Bäume gehegt und gepflegt. Viele tragen sichtbare Nummern. Die älteste Liste des Baumbestandes stammt aus dem Jahr 1785. Aber schon hundert Jahre vorher ließ Landgraf Karl den Park nach Vorbild der barocken Schlossgärten anlegen. Seit dieser Zeit wachsen die ältesten Bäume hier. Zum Beispiel Baum Nummer 360 b. Es ist eine Sommerlinde. Sie hat eine Höhe von 26m, und der Durchmesser des Stammes beträgt 1,6m. So steht es in dem Handbuch des Parks, in dem alle Bäume und Sträucher aufgeführt sind.
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Manchmal stelle ich mich einfach unter das Laubdach und lehne mich an den Stamm. Die Schönheit und Beständigkeit des Baumes haben etwas Tröstliches. Gerade in Zeiten wie diesen.
Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen hat für den 6. September einen „Ökumenischen Tag der Schöpfung“ ins Leben gerufen. In Eberswalde in Brandenburg wurde ein ökumenischer Gottesdienst dazu gefeiert, dort gibt es eine Hochschule für Forstwirtschaft. Der Gottesdienst wurde unter dem Motto „Lass jubeln alle Bäume des Waldes“ gestaltet. Das ist Teil eines Verses aus Psalm 96:
„Der Himmel freue sich, und die Erde sei fröhlich, das Meer brause und was darinnen ist; das Feld sei fröhlich und alles, was darauf ist; es sollen jubeln alle Bäume im Walde vor dem Herrn; denn er kommt, zu richten das Erdreich.“ (V 11ff)
Heute jubeln nicht alle Bäume. Viele leiden unter der Luftverschmutzung und Trockenheit. Wir haben nicht gut achtgegeben auf die Schöpfung, die uns anvertraut ist. Was wird sein, wenn das Artensterben weitergeht? Die Waldbrände zunehmen? Der Sommer 2024 war der weltweit heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen. Was wird aus der Schöpfung?
Es ist die feste Zuversicht der Christen, dass Gott seine Schöpfung nicht aus der Hand gibt. Er wird sie nicht dem endgültigen Tod überlassen. Wie auch uns Menschen nicht. Die Bibel endet mit der Aussicht auf einen neuen Himmel und eine neue Erde. Und mit Bäumen des Lebens, die zwölfmal im Jahr Frucht bringen (Off 22,2).
Bis dahin halte ich mich fest an den alten Bäumen im Bergpark.
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