Bergische Uni zeigt Pflanzensystem
im Innenhof von Gebäude V
VON UWE BLASS
Wer sich schon immer für die Entwicklung der Landpflanzen interessiert hat, kann nun auf kleinstem Raum, im Innenhof des Gebäudes V der Bergischen Universität, erfahren, wie die verwandtschaftlichen Beziehungen entstanden sind. Gertrud Lohaus, Professorin für Botanik hat mit ihren Mitarbeitenden in langwieriger Kleinstarbeit ein Pflanzensystem erstellt, dass sie interessierten Besuchern auch gerne in einer Führung erläutert. „Das Pflanzensystem beinhaltet die systematischen Gruppen, in die Pflanzenarten eingeteilt werden und macht ihre verwandtschaftlichen Beziehungen sichtbar“, sagt sie und kann an insgesamt fünf großen Pflanzkästen erklären, wie die Entwicklung der Landpflanzen in den letzten 500 Millionen Jahren stattgefunden hat.
Ein Innenhof und seine Herausforderung
Nachdem die Fachgruppe Chemie und Biologie in den neuen Gebäudekomplex V an der Gaußstraße umgezogen war, ergab sich für die Botanikerin die Möglichkeit, den Innenhof für botanische Lehre und Forschung zu gestalten. „Wir konnten die Pflanzkästen im Innenhof nutzen. Die Bedingungen in diesem Innenhof sind extrem, da z. B. ein Drittel der Fläche im Schatten der Gebäude liegt und für viele Pflanzenarten nicht geeignet ist. Auch der Boden ist für die meisten Pflanzenarten ungeeignet. Daher hat es einige Jahre gedauert bis zu den meisten vorgestellten Pflanzenfamilien auch Beispielarten vorhanden waren.“ In den letzten Jahrzehnten seien durch molekulare Untersuchungsmethoden viele neue Erkenntnisse über die Verwandtschaftsbeziehungen von Pflanzen erzielt worden. Ein System stelle aber nur eine Momentaufnahme des jeweiligen Wissensstandes dar.
Im Unterschied zu Universitäten mit einer großen biologischen Fakultät und einem angeschlossenen Botanischen Garten, die in der Regel im Außenbereich ein System des Pflanzenreichs beherbergten, falle in der kleinen, aber feinen Biologie der Bergischen Universität das Pflanzensystem dementsprechend kleiner aus. „Wir haben nun ein System angelegt, mit kleinen Moosen und Farnen im Schatten bis hin zu sonnenhungrigem Lavendel in den sonnigeren Bereichen“, freut sich Lohaus.
„Studierende der Biologie beschäftigen sich in ihrem Studium u.a. mit den Themen Evolution und Biodiversität sowie mit der Bestimmung von Pflanzenarten. So kann das System auch als Einstieg in diese Themen genutzt werden. Die einzelnen Pflanzengruppen sind außerdem auf Postern im Flur von Gebäude V, Ebene 07 beschrieben.“
Die Entwicklung der Landpflanzen begann vor ca. 450 Millionen Jahren
Erste Landpflanzen traten wahrscheinlich im Erdzeitalter des Ordoviziums, vor über 450 Millionen Jahren auf. Sie waren mit den Algen verwandt. „Heute“, erklärt Lohaus, „werden vier große Gruppen unterschieden: Moose, Farnartige, Nacktsamer (Gymnosperme) und Bedecktsamer (Angiosperme, Blütenpflanzen).“ Moosähnliche Pflanzen waren vermutlich die frühesten Landpflanzen, haben als erste den Übergang vom Wasser zum Land geschafft. Auch heute sind sie an meist feuchten und schattigen Stellen zu finden. Das Faszinierende dabei, sie können nach einer Austrocknungsphase wieder Wasser aufnehmen und weiterwachsen.
Etwas jünger sind die oft in feuchten Wäldern zu findenden Farne, die im Zeitalter des Karbons, also vor rund 360 Millionen Jahren ihre Hochzeit hatten. Über 30 Meter hohe Baumfarne bildeten regelrechte Sumpfwälder und sind das Ausgangsmaterial für Steinkohle gewesen. Farnartige Pflanzen waren mit die ersten Landpflanzen, die ein Leitungssystem für Nährstoffe und Wasser ausgebildet haben und so in die Höhe wachsen konnten. Wie die Moose vermehren sie sich immer noch durch Sporen und nicht durch Samen. Zur dritten Gruppe, der sogenannten Nacktsamern, zählen heute noch ca. 700 Arten, die in einigen Arealen der Welt die Vegetation dominieren: hauptsächlich Nadelbäume.
Ihre wichtigste Phase war vor ca. 200 Millionen Jahren, wo sie riesige Waldflächen bildeten und das Ausgangsmaterial für Braunkohle waren. Die vierte Gruppe bilden die Bedecktsamer, die Angiospermen, die man im engeren Sinne auch Blütenpflanzen nennen kann und die die Jetztzeit prägen. „Weltweit kommen ca. 300.000 Arten vor. Diese lassen sich in sogenannte Einkeimblättrige (Monokotyle) und Zeitkeimblättrige (Dikotyle) unterteilen.
„Viele Arten haben faszinierende Blüten und diese Blütenvielfalt ist im Zusammenhang mit der Bestäubung durch Tiere zu sehen, z.B. durch Insekten, Vögel oder Fledermäuse. Zu den Monokotylen gehören auch die Süßgräser (Poaceae). Dies ist für uns Menschen vermutlich die wichtigste Pflanzenfamilie, da die Ernährung der Weltbevölkerung weitestgehend auf Getreidearten beruht und hier wiederum auf ganz wenigen Arten, u.a. Reis, Mais, Weizen und Hirse-Arten“, erklärt Lohaus. Die Blüten der Süßgräser sind in der Regel nicht so auffällig, da sie sehr reduziert und windbestäubt sind. Ausführliche Informationen zu diesen großen Pflanzengruppen hat Lohaus in einer Broschüre zusammengefasst, die man unter https://www.botanik.uni-wuppertal.de/fileadmin/biologie/botanik/Bilder/EvolutionPflanzen_Broschuere_Lohaus_UniWuppertal_20240716.pdf downloaden kann.
Das Pflanzensystem befindet sich im Innenhof des Gebäudes V.07.
Hier die Broschüre als PDF:
Prof. Dr. Gertrud Lohaus übernahm 2009 die Professur für Molekulare Pflanzenforschung/Pflanzenbiochemie an der Bergischen Universität Wuppertal.
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