Die Saat des Bösen

VON WOLFGANG HORN

Man will das ja nicht glauben: Gestern Abend wird der sächsische Spitzenkandidat der SPD zur Europawahl beim Plakatieren von vier Leuten überfallen und muß im Krankenhaus operiert werden. Auch eine Gruppe von Grünenmitgliedern wird bei ihrer Plakataktion attackiert, getreten und geschlagen. Vorgestern sind in Essen zwei Politiker der Grünen, der Essener Bürgermeister Rolf Fliß und der Bundestagsabgeordneten Kai Gehring, nach einem Restaurantbesuch in einem Gespräch zunächst beleidigt und dann körperlich angegriffen und geschlagen worden. Die beiden Tatverdächtigen flohen mit einem Taxi. Die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt nahm in der Woche in der brandenburgischen Gemeinde Lunow-Stolzenhagen an einer Diskussionsveranstaltung zum Thema Demokratie teil. Etwa 50 Demonstranten randalierten vor dem Veranstaltungssaal, bedrängten die Grünen-Politikerin und hinderten sie und ihren Fahrer fast eine Stunde lang an der Abfahrt. Dabei wurde aus der Gruppe heraus auf das Fahrzeug eingeschlagen.

Die Saat geht auf. AfD und andere Rechtsextremisten haben über Jahre hinweg öffentlich und intern enthemmt geredet. Ihre Anhänger verhalten sich nun so: enthemmt. Es interessiert sie nicht, daß Politiker Grundrechte wahrnehmen, wenn sie sich an Wahlen beteiligen, auf ihre Programme aufmerksam machen, Debatten führen, öffentlich auftreten.

Die Demokratie und ihre Regeln stehen auf dem Spiel. Schläger und Hooligans beschädigen die Demokratie und ihre Institutionen mit Gewalt und Aggression. Das Spitzenpersonal der AfD erweist sich zugleich als vaterlandsloser Haufen, der auf der Payroll Chinas und Rußlands steht oder für diese Länder geheimdienstlich aktiv ist, als Sammelbecken derer, die mit Gewalt und militärischer Expertise den Umsturz im Lande geplant haben, bis hin zur Vorbereitung von Listen für jene, die nach dem Putsch interniert werden müssen. Daß massenhaft Menschen mit oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit nach Ansicht von AfD-Funktionären deportiert werden sollen, hat die journalistische Arbeit von Correctiv deutlich gemacht. 

Politische Gewalt, von der Unterordnung unter die Interessen fremder Mächte über Geheimnisverrat bis hin zu Putschplanungen auf der einen Seite, körperliche Gewalt auf der anderen Seite, von Drohungen und Beleidigungen über Hetze und Beschimpfungen bis hin zu Schlägen, Tritten, Überfällen oder Mord, wie im Fall Lübcke. Das darf nicht verharmlost werden. 

Wir alle haben es in der Hand. Wir können verhindern, daß die Saat des Bösen endgültig aufgeht. Gemeinsam. Arm in Arm. Im Schulterschluss über enge Parteigrenzen hinweg. Es ist Aufgabe der demokratischen Parteien und der Zivilgesellschaft mit ihren Nicht-Regierungsorganisationen, die Angriffe der Rechtsextremen zurückzuweisen.

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