Deutlich mehr Kinder wiederholen die erste Klasse

Den Beitrag von Georg Watzlawek entnehmen wir
mit freundlicher Genehmigung dem Bürgerportal Bergisch Gladbach

Einige Kinder kommen in die Schule, ohne jemals ein Buch in der Hand gehalten zu haben, berichten Lehrer:innen. Eine Statistik hatte die Stadt Köln aufgeschreckt: Dort müssen voraussichtlich fast zehn Prozent der Grundschülerinnen und Grundschüler ihr erstes Schuljahr wiederholen, das sind rund 50 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Für Bergisch Gladbach sind die Daten zwar unvollständig, aber auch hier zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab. Dahinter liegen erhebliche Entwicklungsdefizite der Kinder.

Die Diagnose von Kölner Schulleiter:innen fällt eindeutig aus: Immer mehr Kindern fehlen bei der Einschulung grundlegende Fähigkeiten, um den Unterricht zu meistern. Viele könnten die Sprache nicht gut genug, berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger. Hinzu kämen Defizite in der Motorik und bei der Konzentrationsfähigkeit.

Die Konsequenz: mit 8,5 Prozent der Kinder müssen fast 50 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren die ersten Klasse zweimal absolvieren. Womit die Belegungszahl der ohnehin völlig überfüllten Grundschulen in der Metropole weiter steigen.

Im Gegensatz zu Köln liegen in Bergisch Gladbach keine vollständigen Daten zu diesem Thema vor. Nach einer Anfrage des Bürgerportals hat die Stadtverwaltung zwar bei den Schulen Erkundigungen eingezogen. Doch nur 14 der 20 Grundschulen lieferten daraufhin die Zahlen, bei zwei von ihnen fehlt die Vergleichbarkeit zum Vorjahr.

Damit können nur die Daten von 12 Schulen ausgewertet werden. Diese Grundschulen registrierten für das laufende Schuljahr insgesamt 51 Wiederholungen. Jetzt gehen diese 12 Schulen davon aus, im kommenden Schuljahr bereits 76 Wiederholungen verkraften zu müssen. Das wäre ein Anstieg von exakt 50 Prozent innerhalb nur eines Jahres.

Es ist aber unklar, ob sich das auf alle Schulen in Bergisch Gladbach hochrechnen lässt (in Köln sind die Schulen sehr unterschiedlich betroffen). Offen ist auch, ob es sich dabei um einen stabilen Trend handelt, denn für die weiter zurückliegenden Schuljahren gibt es keine vergleichbare Daten.

Die Einrichtung einer zusätzlichen Klasse an einer oder gar an mehreren Schulen sei nicht erforderlich, erklärt das Schulamt. Die wiederholenden Kinder könnten in die ohnehin geplanten Klassen mit eingegliedert werden.

Bislang hatte die Stadt Bergisch Gladbach bei ihrer Planung die Wiederholungen nur pauschal berücksichtigt. Bisher, so die Erläuterung, sei die Zahl der Kinder, die wiederholen mussten, in etwa so groß gewesen, wie die der Kinder, die aufgrund von Entwicklungsdefiziten zum Schuljahresbeginn zurückgestellt wurden. Daher seien die Jahrgangsstärken unter dem Strich nicht größer worden.

Möglich ist es, dass derzeit auch die Zahl der zurückgestellten Kinder steigt, sich die Zahlen also weiterhin ausgleichen. Aber auch das ist nur eine Vermutung. Und das eigentliche Problem, dass mehr Kinder zum Schulstart noch nicht schulreif sind, wird damit nicht gelöst.

Die Kölner Schulleiter:innen fordern vor allem ein verpflichtendes Vorschuljahr für alle Kinder. Diese Forderung hat die SPD unter dem Titel „Chancenjahr“ in den Landtag eingebracht. Zudem verlangt die Landes-SPD, dass alle Kinder mit 4,5 Jahren in der Kita auf grundlegende Fähigkeiten getestet werden, um gezielte Förderprogramme anbieten zu können.

Dagegen arbeitet das NRW-Schulministerium an einem standardisierten Testverfahren für das Anmeldeverfahren der Grundschulen. Damit soll (im Alter von fünfeinhalb) die Sprachentwicklung erfasst werden, um bei Bedarf eine gezielte Sprachförderung durchzuführen.

Beitragsfoto © CDC auf Unsplash

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