MEMENTO MORI

Ein Wort zum Montag, dem 5. Februar 2024

VON CORNELIA SENG

In Karlsruhe kenne ich mich ganz gut aus. Jedenfalls in der Innenstadt. Eine neue U-Bahn wurde gebaut. Mit sieben neuen unterirdischen Haltestellen. Man hat auf Reklametafeln verzichtet. Stattdessen wurde der bekannte Künstler Markus Lüpertz (*1941) gebeten, die Haltestellen zu gestalten. Großformatige Reliefs aus Keramik mit dem Titel „Genesis“ sind entstanden. Was er zur Schöpfungsgeschichte zu sagen hat, will der Künstler hier ausdrücken. Manche Menschen waren nicht einverstanden: Was soll religiöse Kunst im öffentlichen Raum? Aber Lüpertz steht zu seinem Projekt. „Sieben Haltestellen – sieben Tage“ – so sei er auf die Schöpfungsgeschichte gekommen. 

Ehrlich: wenn ich nicht wüsste, worum es geht, käme ich nicht auf das Thema. Groß und martialisch sind die Gestalten. Manche sind nur zu erahnen. Ein Totenschädel ist gut erkennbar. Und ein ganzes Totengerippe, das hinter Eva steht. Hält der Tod sie fest? Geht es in der Schöpfungsgeschichte nicht um Leben und um Lebendigkeit? Gerade erst wurden sie geschaffen von Gott. Aber es bleibt bei der Mortalität! Leben ist sterblich. Will das der Künstler sagen: Memento mori?

Der Ausspruch stammt aus dem alten Rom. Ein Sklave musste hinter dem siegreich heimkehrenden Feldherrn hergehen und fortwährend rufen: „Memento mori“ und „Memento te hominem esse!“ „Denk an den Tod“ und „Bedenke, dass du ein Mensch bist!“

So eine Sitte wäre nicht schlecht, denke ich, im Umfeld der Putins und Trumps dieser Welt.

„Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“ (Psalm 90,12), heißt es in der Bibel. Das eigene Menschsein nicht aus den Augen zu verlieren, seine Schönheit nicht und auch nicht seine Vergänglichkeit, das wäre klug.

Das heißt nicht, dass ich nicht  neugierig wäre auf das Leben in Gottes unendlicher Klarheit. Aber die Neugier enthebt uns nicht des Menschseins. Des großartigen Menschseins.

Ich will es üben.

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