Ein Wort zum Montag, dem 29. Januar 2024
VON CORNELIA SENG
Was soll ich schreiben? Mir fehlt eine Idee. Die Ereignisse in der Welt und in der Kirche erschüttern mich. Ich stoße auf das Lied von Dietrich Bonhoeffer. In der zweiten Strophe heißt es: „Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen …“. Das ist es: meine Seele ist „aufgeschreckt“, verwirrt. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, bis zum Oktober dieses Jahres kurze Texte als „Wort zum Montag“ zu schreiben. Dann wären es fünf Jahre. Kann ich das überhaupt schaffen?
Aber ich will mich auch nicht „mundtot“ machen lassen, nicht von dem Dunkel in der Welt und auch nicht von dem Dunkel in der Kirche.
Im Schloss Wilhelmshöhe in der „Galerie Alter Meister“ wird heute ein Gespräch zu einem der Bilder angeboten. Wird mir das weiterhelfen?
Es geht um ein Stillleben mit verschiedenen Musikinstrumenten. Das Bild kenne ich nicht. Jetzt war ich schon so oft im Schloss und habe noch längst nicht alle Bilder wahrgenommen. Liegt es an meinem selektiven Blick?
Das Bild wirkt beruhigend auf mich. Ein Stillleben mit Musikinstrumenten eben. Dann weist die junge Pfarrerin auf die gerissenen Saiten der Geige hin und auf den Staub, der auf dem Hals der Laute liegt. Hier hat schon lange keiner mehr gespielt! Die Instrumente sind abgelegt. Musik ist nicht mehr zu hören. Ob wenigstens in dem Buch oben neben der Laute gelesen wird? Der Form nach könnte es eine Bibel sein. Mit einem Lesezeichen. Oder ist es auch zugeklappt und weggelegt?
Es sei wie alle Stillleben ein Bild für die Vergänglichkeit, wird uns gesagt. Es war einmal …
Ich überlege, ob das auch für die Kirche gilt, das „Es war einmal…“. Die jüngsten Untersuchungen haben meine Seele verschreckt.
Von Martin Luther stammt die Aussage:
„W I R sind es doch nicht, die da die Kirche erhalten könnten.
Unsere Vorfahren sind es auch nicht gewesen.
Unsere Nachkommen werden’s auch nicht sein:
sondern der ist’s gewesen, ist’s noch und wird’s sein, der da sagt:
‘Ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt`“ (Mt 28,20).
An ihn will ich mich halten. Und die Bibel aufschlagen.
(Evaristo Baschenis 1617-1677: Stillleben mit Musikinstrumenten)