VON WOLFGANG HORN
Was man sich einst allenfalls als Panoptikum vorstellen konnte, als gruseliges Kuriositätenkabinett, ist längst politische Wirklichkeit. In Potsdam trafen sich vor wenigen Wochen, im November, heimlich hochrangige Protagonisten der AfD, ein rechtsradikaler Familenclan aus Düsseldorf, Alt- und Neonazis, ein finanzstarker Unternehmer mit Vertretern der Werteunion, Mitgliedern der CDU. Es ging bei dieser Zusammenkunft um nicht weniger als einen „Masterplan“, wie man, Stichwort: „Remigration“, Ausländer aus dem Land treiben kann, selbst Menschen mit Bleiberecht oder gar deutscher Staatsangehörigkeit. In der Zusammenkunft geht es um die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland. Das alles berichtet in einem ausführlichen Dossier Correctiv.
An diesem trüben Tag geht es nur um eines: Menschen sollen aus Deutschland verdrängt werden können, wenn sie die vermeintlich falsche Hautfarbe oder Herkunft haben – und aus Sicht von Menschen wie Sellner nicht ausreichend „assimiliert“ sind. Auch wenn sie deutsche Staatsbürger sind. Es ist gegen die Existenz von Menschen in diesem Land gerichtet. Ein Angriff auf das Grundgesetz, auf den Artikel 1, auf das Staatsbürgerrecht und auf den Gleichheitsgrundsatz.
Man müsse einen „hohen Anpassungsdruck“ auf die Menschen ausüben, zum Beispiel über „maßgeschneiderte Gesetze“. Remigration sei nicht auf die Schnelle zu machen, es handele sich um „ein Jahrzehnteprojekt“.
Der hier in Wermelskirchen nicht ganz unbekannte Politiker und ehemalige Bundestagsabgeordnete aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis, Roland Hartwig, mittlerweile in Königswinter lebend und „rechte Hand“ von Parteisprecherin Alice Weidel, war einer der AfD-Emissionäre in das „exklusive Netzwerk“, wie es in der Einladung heißt, neben einer Bundestagsabgeordneten oder dem AfD-Fraktionsvorsitzenden in Sachsen-Anhalt. Nach Angaben mehrerer AfD-Insider im Bundestag gilt Hartwig als eine Art „inoffizieller Generalsekretär der Partei“. Daneben sprach Martin Sellner auf dem Treffen, rechtsextremer Aktivist aus Österreich, Gründer und langjähriges Gesicht der rechtsextremen „Identitären Bewegung“. Auf je 5000 Euro belief sich die Mindestspende für die Teilnahme am Netzwerktreffen.
Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy betont, dass sie das skizzierte Ziel schon länger verfolge. Als sie vor sieben Jahren der Partei beigetreten sei, habe sie schon „ein Remigrationskonzept mitgebracht“. Aus diesem Grund argumentiere die AfD auch nicht mehr gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. „Denn dann kann man die deutsche wieder wegnehmen, sie haben immer noch eine.“ So wie Huy es ausdrückt, sollen Zuwanderer mit einem deutschen Pass in eine Falle gelockt werden.
Den AfD-Fraktionsvorsitzenden in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, zitiert Correctiv mit der Idee, daß sich das Straßenbild ändern müsse, daß ausländische Restaurants unter Druck gesetzt werden. Es solle in Sachsen-Anhalt „für dieses Klientel möglichst unattraktiv sein zu leben“. Und das könne man sehr einfach realisieren. Seine Äußerungen könnten schon bei der nächsten Wahl Konsequenzen haben.
Ein weiteres Projekt, das auf dem clandestinen Treffen besprochen wird, ist der Aufbau einer Agentur für rechte Influencer. Hartwig werde das Vorhaben nun dem Bundesvorstand der AfD präsentieren und die Partei davon überzeugen, dass sie auch davon profitiert.