Kopf und Kragen

VON WOLFGANG HORN

Mit der Redewendung „Kopf und Kragen” macht man deutlich, daß jemand sein Leben oder seinen Ruf riskiert. Sie stammt aus dem Mittelalter, als viele Menschen durch Enthauptung hingerichtet wurden, man also am Hals oder Kragen die Verbindung zwischen Kopf und dem Rest des Körpers kappte. Nach und nach wurden auch der Ruf und die Ehre mitgemeint, wenn man “Kopf und Kragen” riskiert. Man macht etwas, das große Konsequenzen haben kann und möglicherweise zu einem Verlust des Ansehens, der Reputation führt.

Kopf und Kragen haben die demonstrierenden Bauern schon riskiert, als mehrere Hundert von ihnen den Vizekanzler an einer Fähre abgepasst und dort “Komm raus, du Feigling” gerufen haben.

Es scheint an der Zeit zu sein, Selbstverständliches zu erklären, wie Detlef Essinger in einem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung schrieb. Unsere Demokratie hat gewaltige Stärken. Sie erlaubt es jedermann, in Parteien, in Verbänden, bei Facebook, auf Kundgebungen Druck auf die Regierenden auszuüben. Denn: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ So Artikel 8 des Grundgesetzes. Von dem Recht, mit Traktoren den Verkehr in Stadt und Land lahmzulegen, steht da nichts.

Zur freiheitlichen Demokratie gehört, wie Detlef Essinger schreibt, die Übereinkunft über die Form der Auseinandersetzung: Man erachtet auch andere Meinungen als gleichrangig, man akzeptiert Mehrheiten, man schützt Minderheiten. Man bedroht einander nicht. Und nie heiligt der Zweck die Mittel.

In Zeiten der Krisenhaftigkeit mögen das Verlangen, Sündenböcke auszumachen, und die Sehnsucht nach einfachen Antworten anwachsen. Sündenböcke und simple Erklärmuster, das Weltbild von „denen da oben“ und „uns“, Wut und Haß auf Eliten jedweder Art, all das hilft nicht bei der Durchdringung der Wirklichkeit.

Und Kopf und Kragen riskieren die organisierten Bauern auch, wenn sie die fatale Unterstützung durch rechte Kräfte dulden oder etwa in extremistischer Manier Ihre Trecker mit Galgen schmücken, an denen Ampeln erhängt werden.

Dem Klimaforscher Stefan Rahmstorf ist zuzustimmen: „Klima-Aktivisten demonstrieren friedlich nur mit ihren Körpern für eine lebenswerte Zukunft, für die Einhaltung des einstimmig beschlossenen Pariser Klima-Abkommens. Die Bauern kämpfen rabiat und aggressiv mit ihren dicken Treckern für mehr vom Subventionskuchen für sich selbst.“

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