Ein Wort zum Montag, dem 18.Dezember 2023
VON CORNELIA SENG
„Schere haben!“ fordert mein kleiner Enkel energisch. Bevor ich begriffen habe, was er mit der Schere will, schiebt er seinen Kinderstuhl unter den Adventskalender. Entschieden greift seine Mutter ein. Der Sinn eines Adventskalenders ist es ja, das Warten zu lernen.
Ich kann Emil verstehen. Mir fällt es auch schwer zu warten. Auf Frieden und Gerechtigkeit.
Die frühen Christen haben den Anbruch des Reiches Gottes ganz nahe geglaubt. Morgen oder übermorgen wird es anbrechen, das Reich Gottes. Sie haben sehnsüchtig darauf gewartet. Aber ihre Lebensumstände damals waren andere als meine heute.
„Speck auf der Seele“, lese ich im Vorbeifahren an einer Hauswand. Ist es das? Habe ich „Speck auf der Seele“?
Mir ging es immer gut im Leben. Ich musste nie Verfolgung leiden. Ich musste nie hungern und frieren. Ich war nie in Kriegsgefahr. Ich bin es gewohnt, alles „gleich“ zu bekommen.
Jesus hat ganz in Erwartung gelebt. Und er hat seinen Schülern und Schülerinnen beigebracht, das Warten als Lebenshaltung – als Lifestyle – zu pflegen. In der Geschichte von den zehn jungen Frauen zum Beispiel (Mt 25,1-13) hat er davon gesprochen. Die klugen von ihnen haben sich auf eine längere Wartezeit eingestellt. Das Fest beginnt erst, wenn der Bräutigam kommt!
WIE wir einst feiern werden, darüber haben die Autoren der Bibel unterschiedliche Vorstellungen. Nur DASS wir feiern werden, ist ihnen allen ganz klar. Es wird ein Fest ohne Ende!
Ich will mich einstellen auf das, was kommt. Auf den, der kommt. Und mich wundern. Und mich nicht zufrieden geben mit dem, was ist.
„Nun komm, der Heiden Heiland,
der Jungfrauen Kind erkannt,
dass sich wunder alle Welt,
Gott solch Geburt ihm bestellt.
(Martin Luther)