Radevormwald: Gedenken an Guy Môquet geschändet

Radevormwald und Châteaubriant in Frankreich sind Partnerstädte. Am vergangenen Sonntag hatten Mitglieder des Radevormwalder Runden Tisches gegen Rechts aus Anlass des Todestags von Guy Môquet, der am 22. Oktober 1941 im Alter von 17 Jahren in der Partnerstadt Châteaubriant hingerichtet worden war, eine kurze Gedenkveranstaltung im Parc de Châteaubriant organisiert. Dort brachte ein Student der Kunstakademie Düsseldorf an einem Baum eine Kunst-Installation an. Teil der Würdigung war daneben auch die Verlesung des Abschiedsbriefs, den Guy Môquet nach Ankündigung seiner Hinrichtung an seine Eltern schrieb, sowie eine Gedenkminute.

Das Schicksal von Guy Môquet ist in Frankreich von nationaler Bekanntheit. Er wurde im Alter von 17 Jahren am 22. Oktober 1941 zusammen mit 26 anderen Franzosen nach seiner Auslieferung durch die französische Kollaborations-Regierung von deutschen Soldaten in Radevormwalds Partnerstadt Châteaubriant erschossen. Er hatte in Paris kommunistische Flugblätter verteilt. Heute sind zahlreiche Einrichtungen und Straßen in Frankreich nach Guy Môquet benannt. Seit 1946 trägt eine Station der Pariser Metro seinen Namen. Sein oben erwähnter Abschiedsbrief wird jährlich in den französischen Oberschulen verlesen.

Beschreibung der Kunst-Installation (durch den Künstler): Die Schleife für das Gedenken an Guy Môquet ist aus Seil, welches mit schwarzem Panzerband ummantelt wurde. Die roten Akzente an der Schleife sind ein Hinweis auf Guy Môquets politischen Hintergrund, welcher kommunistisch geprägt war und zu seiner Verhaftung führte. Sein auf Leinwand geschriebener Abschiedsbrief ist mit den Farben der französischen Flagge hinterlegt. Die Farben laufen herunter wie Blut und sollen sowohl die Opfer des Widerstands als auch die Mitverantwortung der französischen Kollaborateure an Guys Tod symbolisieren.

Die künstlerische Installation sollte für circa eine Woche im Park verbleiben, um den Menschen in Radevormwald das Schicksal von Guy Môquet zu Bewusstsein zu bringen, das sowohl die Grausamkeit faschistischer Unterdrückung zeigt, als auch ein Beispiel für den Mut im Widerstand darstellt. Allerdings war sie schon um 11 Uhr früh am kommenden Montag verschwunden: Weniger als 20 Stunden nach der Anbringung war das Kunstwerk von Unbekannten gestohlen worden.

Der Runde Tisch macht verfestigt rechte Strukturen in Radevormwald aus, die für den Vorfall verantwortlich sind und bittet die Bürgerinnen und Bürger der Stadt um Mithilfe bei der Suche nach den Tätern. „Wir wissen, dass die große Mehrheit nicht auf Seiten der Rechten steht, ob nun der faschistischen AfD, der mit ihr verbündeten Kameradschaftsszene um den „Freundeskreis Radevormwald“ oder den Verschwörungsmystikern der so genannten „Querdenker“. Sie wollen, wie wir auch, eine lebenswerte und menschliche Stadtgesellschaft auf der Grundlage wirklich demokratischer Werte, Rechte und Freiheiten.“

Abschiedsbrief von Guy Môquet an seine Familie

“Meine kleine geliebte Mutter, ich werde sterben”

“Meine kleine geliebte Mutter, mein kleiner geliebter Bruder, mein kleiner lieber Vater,

ich werde sterben! Was ich von Dir, geliebte Mutter, verlange, ist, dass Du tapfer bist. Ich bin es und will es sein – wie die, die vor mir gegangen sind.

Gewiss hätte ich gerne gelebt. Aber ich wünsche mir von Herzen, dass mein Tod zu etwas nütze ist… Ich hoffe, dass Euch alle meine Sachen geschickt werden und dass sie Serge helfen können. Ich hoffe auch, er wird eines Tages stolz sein, sie zu tragen.

Mein lieber Vater und auch meine liebe Mutter, ich habe Euch manchmal Kummer bereitet, ich grüße Euch ein letztes Mal. Ihr solltet wissen, dass ich mein Bestes gegeben habe, um dem Weg zu folgen, den Ihr mir gezeigt habt. Ein letzter Gruß an alle meine Freunde und meinen Bruder, den ich lieb habe. Er soll gut studieren, damit er später ein Mann wird.

Ich bin siebzehneinhalb! Mein Leben war kurz. Ich bereue nichts, außer Euch alle zu verlassen. Ich werde mit Tintin, Michels sterben. Mutter, worum ich Dich bitten möchte, und Du sollst es mir versprechen, ist, dass Du mutig bist und Dein Leid überwindest.

Ich kann nicht weiter schreiben. Ich verlasse Euch alle. Dich Mutter, Serge, Vater. Ich küsse Euch von meinem ganzen Kinderherzen.

Kopf hoch!
Euer Guy, der Euch liebt”

Beitragsfoto: Guy Môquet (c) Llann Wé², CC BY-SA 4.0,

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