Willkommenskultur

VON WOLFGANG HORN

Mein Freund Lutz hat gestern gewürdigt, daß unser gemeinsamer Freund Bulbul aus Bangladesh nunmehr deutscher Staatsangehöriger ist. Bulbul, von mir bisweilen scherzhaft Günther geheißen, weil er so früh schon so perfekt deutsch hat sprechen können, war mit Lutz und seiner Frau Anja im Bürgerbüro und hat dort die neue Staatsangehörigkeit in Form eines Papiers überreicht bekommen und natürlich sofort den Personalausweis und einen Reisepass beantragt. 

Das war’s. Alles form- und schmucklos. Allenfalls zweckmäßig. Keine Zeremonie, kein Glückwunsch, keine Würdigung, keine Rede, kein Grundgesetz, keine Blumen. Ein Blatt Papier. Gestern hat ein neues deutsches Leben angefangen, in Wermelskirchen, auf der Telegrafenstraße. Eines jenseits von Verfolgung und diesseits von Sicherheit. Ein Leben als deutscher Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten. 

Wäre das nicht ein schöner Anlass für eine Feier, für ein feierliches Begehen der neuen Staatsbürgereigenschaft und das Verlassen der Flüchtlingsexistenz? Wäre ein feierliches Willkommenheißen nicht angemessen, gleichsam eine aufnehmende Umarmung, eine Würdigung auch der Not und der Verzweiflung, die der neue Staatsbürger mit so viel Einsatz hat hinter sich lassen können? Wäre eine Einbürgerungsfeier in schönem Rahmen im Rathaus, ein- oder zweimal im Jahr begangen, nicht auch eine bedenklich-feierliche Vergewisserung der Integrationskraft unserer demokratischen Gesellschaft? Zeichen der Willkommenskultur und der Kraft der Aufnahmebereitschaft der Menschen in unserer Stadt? Hier in Wermelskirchen sind die Menschen willkommen, die der Not entfliehen, die in ihrer Heimat verfolgt und kujoniert werden, die sich und ihre Kinder vor Krieg und Elend schützen. 

Bulbul wird seinen Weg gehen in seiner neuen Heimat, dessen bin ich ganz gewiß. Er hat viele Freunde in Wermelskirchen und überzeugt durch seine Freundlichkeit, seinen Fleiß, seine Zugänglichkeit, sein offenes Wesen. Vielleicht braucht er eine solche Einbürgerungsfeier weniger als seine Mitbürger, die ihre deutsche Staatsbürgerschaft schon seit jeher besitzen. Herzlichen Glückwunsch, Bulbul/Günther.

Kommentare (3) Schreibe einen Kommentar

    • Frank Hermes
    • 18.10.23, 15:46 Uhr

    Das war auch immer mein Gedanke! Da könnte man viel mehr daraus machen. Ich wollte das vor ca. 3 Jahren angehen und versuchen, dies aufzuwerten.
    Mit der Pandemie hatte sich das dann leider (erstmal) erledigt.
    Sollte man wieder aufgreifen.

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    • Frank Hermes
    • 18.10.23, 15:50 Uhr

    Ganz meiner Meinung! Ich war vor 3 Jahren auf dem Weg, dies feierlicher zu gestalten. Leider kam die Pandemie dazwischen. Das sollte man nochmal aufgreifen bzw. anstoßen, zB durch die SPD Fraktion oder die Grünen im Rat der Stadt.

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  1. Ich habe es gestern schon bei Lutz gelesen und mich gefreut. Sicher wäre Feiern schön, auch zusammengefasst für alle 1-2 mal im Jahr.
    Aber Feiern kostet Geld, das an allen Ecken vor allem in den Kommunen knapp ist, und wichtiger ist doch dieser Satz:
    ” Hier in Wermelskirchen sind die Menschen willkommen, die der Not entfliehen, die in ihrer Heimat verfolgt und kujoniert werden, die sich und ihre Kinder vor Krieg und Elend schützen. ”
    Alles Gute Bulbul und noch vielen ähnlichen Schicksalen ein ebenso gutes Ende mit neuem Anfang ♥

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