VON OBEN UND UNTEN

Ein Wort zum Montag, dem 16. Oktober 2023

VON CORNELIA SENG

Mein kleiner Enkel ist ein sonniges Kind. Wenn ich mit ihm singe und spiele, quietscht er manchmal vor Vergnügen. Seine Lebensfreude ist ansteckend. Wird sie ihm erhalten bleiben? Was alles auf ihn zukommen wird auf seinem hoffentlich langen Lebensweg? Und überhaupt: Wie kommt man zu einem gelingenden, glücklichen Leben?

Der alte Philosoph Kebes hat mit seinem Lehrer Sokrates im 1. Jhdt. n.Chr. darüber einen Disput geführt, heißt es. Der wurde in den sogenannten „Cebes-Tafeln“ festgehalten. Eine dieser Tafeln hängt auch in der „Galerie Alte Meister“ in Schloss Wilhelmshöhe. Das Bild wurde schon im 16. Jhdt. von einer Malerfamilie in Brügge gemalt. Am Ende der Kindheit werden Menschen von einem „Genius“ auf ihren Lebensweg geschickt. Der Lebensweg führt in zwei Ringen durch vielerlei mögliche Ablenkung bis zu einem steilen Berg. Der muss erklommen werden mit Stärke und Kraft. Erst oben, nach einem langen, mühseligen Aufstieg wartet „Fortuna“ mit Gerechtigkeit, Friede und Freude. 

Was die alten Philosophen wohl dabei disputiert haben? Welche Tugend diszipliniert, welche lenkt ab? Wie ist die Glückseligkeit zu gewinnen? 

Was Jesus zu dem philosophischen Disput gesagt hätte? Ich vermute, er hätte das Bild vom Haken genommen, umgedreht und auf den Kopf gestellt. Denn Gott hat uns seine Gerechtigkeit schon hier geschenkt. Von seinem Frieden leben wir schon jetzt. Das „Oben“ ist unten! So hat es Jesus seine Schüler und Schülerinnen in einer großen Rede gelehrt, in der „Bergpredigt“ (Mt.5). „Glückselig sind die geistlich Armen“, die Schwachen, die dem Leben nichts zu bieten haben. „Glückselig sind die Barmherzigen, ihnen gehört das Himmelreich“ (V.7). Bei denen, die andere zu verstehen versuchen, die Mitgefühl haben und Frieden stiften, beginnt der Himmel schon jetzt. Wir haben nur weiterzugeben, was Gott uns bereits geschenkt hat. Was bei den Philosophen oben ist, ist bei Jesus unten!

Vermutlich liegt es daran, dass die Lebensfreude meines kleinen Enkels so ansteckend ist. Er ist weder reich noch stark. Er wird geliebt, von seinen Eltern, seiner Familie, von Gott. Auf diese Liebe lässt sich bauen. Ein ganzes Leben lang. In Freude, Frieden und Gerechtigkeit. 

Ich wünsche es ihm so sehr!

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