Ein Wort zum Montag, dem 25. September 2023
VON CORNELIA SENG
„Ich liebe Regenbogen“, sagt meine Schwägerin und zeigt mir das Foto in ihrem Telefon: ein großer Regenbogen über der Stadt. Der Regenbogen steht für das Versprechen Gottes, die Erde zu erhalten. Er tröstet angesichts von Klimakrise und Pandemie.
Der Soziologe Hartmut Rosa sagt in einem Interview mit einer großen Zeitung in dieser Woche: „Dieses sichere Gefühl, ich habe einen Anker in der Welt, ist abhanden gekommen.“ Unser Grundvertrauen in die Welt sei zerstört, analysiert er. Und er zählt auf, was seiner Meinung nach dazu beigetragen hat. Seine Analyse der Gesellschaft leuchtet mir ein. Auch ich bin zuweilen erschreckt und verunsichert. Wie wird die Welt für unsere Enkel sein?
In ihrer Angst fallen manche Menschen auf einfache Antworten herein, es soll wieder so sein wie früher. Das Leben soll sicher sein. Der Rechtsextremismus spielt mit der Angst der Menschen und demonstriert eine vermeintliche Stärke. Fallen wir schon wieder auf Machtgehabe herein?
War die Welt für die Menschen früherer Generationen wirklich sicherer? Hatten sie denn mehr Anlass zum „Grundvertrauen in die Welt“?
Wie war die Welt für Paul Gerhardt z.B., dessen Kirchenlieder ich heute noch gerne singe? Er lebte von 1607 bis 1676, lange Zeit davon in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Da gab es unendlich viel Leid: Hungersnot, Seuchen, Übergriffe des Militärs. Und trotzdem hat er Trostlieder gedichtet.
Wie war die Welt für Dietrich Bonhoeffer? Im Gefängnis 1944 hat er gedichtet:
„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jeden neuen Tag.“
Dunkler und unsicherer als in einem Gefängnis der Nazis konnte die Welt wohl nicht sein. Und trotzdem wusste er sich geborgen und konnte dem Unrecht Widerstand leisten.
„Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?“ schreibt der Apostel Paulus an die Römer (8,35).
Müssen wir wieder lernen, Welt-Vertrauen und Gott-Vertrauen zu unterscheiden? Wie Paul Gerhardt, Dietrich Bonhoeffer und viele andere. In zerbrechenden Weltzuständen wussten sie sich geborgen, weil sie Gottes Nähe vertrauten. Auf Gottes Liebe ist Verlass.