VON WOLFGANG HORN
Welche Schulen eine Stadt, eine Gemeinde für Eltern und Familien vorhält, ist fast die wichtigste Aufgabe, die kommunale Politik und Verwaltung zu lösen haben.
Arbeitsplätze kann eine Kommune nicht unmittelbar schaffen, das machen Unternehmen. Bund, Land und Kreis entscheiden häufig über Straßen und Wege in einer Stadt. Das kulturelle Angebot wird überwiegend von Vereinen und Initiativen, seltener von kommunalen Verwaltungen getragen. Sportanlagen, Bäder und Hallen sind noch Aufgabenfelder, die der Verwaltung und Kommunalpolitik obliegen.
Schulen machen im wesentlichen die Attraktivität eines Gemeinwesens aus. Eltern wollen stets nur das Beste für ihre Kinder. Das ist gut. Wenn die Schullandschaft breit gefächert ist, wenn ausreichend Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung stehen, wenn die Kinder am Ort unterrichtet werden und nicht lange Fahrten in die Peripherie der Nachbarstädte unternehmen müssen, dann fühlen sich die Eltern wohl und entscheiden sich, sich hier langfristig niederzulassen. Und städtische Verwaltung sowie die lokalen Parteigliederungen sollten dies als Kapital begreifen, das man hüten, mit dem man sorgsam umgehen muß. Wenn das Vertrauen, die Zuneigung zu einer Schule erschüttert wird, leidet darunter nicht alleine die Schule, sondern das ganze Gemeinwesen. Das war in Wermelskirchen bereits mehrfach zu studieren. Hauptschule, Realschule, Sekundarschule.
Die neue Gesamtschule wird ausweislich der Anmeldezahlen sehr gut von den Eltern angenommen. Die Gesamtschule ist eine Schule der Wahl. Endlich. Wie können sich in einer solchen Lage Kommunalpolitiker aller Parteien im Rat der Stadt außer der FDP und den Grünen mit einer Fünfzügigkeit der Schule zufrieden geben, wenn doch der Schulentwicklungsplan größere Schülerzahlen in der Zukunft prognostiziert, die eine Sechszügigkeit erforderlich machen? Es gebe keinen Platz am derzeitigen Schulstandort, ist die Antwort. Ja, Himmel, dann muß man Lösungen suchen, kreativ sein, Standorte prüfen. Dann muß man Eltern einbeziehen, die Bürger fragen, Fachleute in die Stadt holen. Vielleicht über das Schulte-Areal nachdenken. Oder über den ehemaligen Realschulstandort.
Eines aber darf man gar nicht machen: Den Eltern der noch nicht schulpflichtigen Kinder jetzt bereits sagen, daß sie sich womöglich darauf einstellen müssen, daß ihre Kinder doch in Burscheid oder Hückeswagen in die weiterführende Schule gehen müssen. Das wäre der Bruch eines Versprechens, gegeben bei der Gründung der Gesamtschule Wermelskirchen.
Und: Wer den Schulentwicklungsplan jetzt zur Makulatur macht, ihn für unverbindlich erklärt, zum bloßen Zahlenspiel, als reine Möglichkeit ohne reale Bedeutung, der verabschiedet sich als seriöser Teilnehmer aus der lokalen Politik.
Und schließlich: Mit den Eltern, die sich zu Gehör bringen, die Leserbriefe schreiben, protestieren, Petitionen einrichten, mit denen darf man als lokaler Politiker nicht schulmeisterlich umgehen. Eltern sind keine Politiker. Sie sind nicht vertraut mit den Regeln der Bürokratie und Verwaltung, sie kennen sich nicht aus mit den Spielregeln der Parteipolitik und sie formulieren ihre Gedanken, Bedürfnisse und Einschätzungen mitunter anders, vielleicht unmittelbarer, als es Politiker tun, die kommunikationserfahren sind und sprachlich zumeist kompetent. Das kann aber nicht wundern, geht es doch um die Kinder und deren Zukunft, die in der Schullaufbahn gesichert wird.
Schlechte Schulpolitik hat es in Wermelskirchen bereits genug gegeben. Deshalb hoffe ich sehr, daß der Rat der Stadt am kommenden Montag eine grundsätzliche und sorgsame Entscheidung für die Sechszügigkeit der Gesamtschule Wermelskirchen trifft. Gemeinsam mit der Verwaltung muß eine kreative Lösung für den Standort her. Vielleicht nicht sofort am Montag. Man kann sich ja ein wenig Zeit kaufen. In der Politik nicht gerade unüblich.
Ach ja: Im Moment haben 927 Menschen die Petition zugunsten der Sechszügigkeit unterschrieben. Nach nur drei Tagen. Da kommen gewiß noch einige hinzu.